Pressemitteilung - 20. März 2025 - UPDATE: 26. März 2025
Appell zur künftigen Rüstungsexportkontrolle: Die Stärke des Rechts hochhalten!

Anlässlich der laufenden Koalitionsverhandlungen appellieren 11 Friedens- und Menschenrechtsorganisationen an Union und SPD, eine restriktive Rüstungsexportkontrolle in ihrem Koalitionsvertrag zu verankern. Die Organisationen - darunter auch Ohne Rüstung Leben - betonen, dass Rüstungsgüter keine Waren sind wie alle anderen! Deshalb sei ihr Export besonders kontrollbedürftig.
Die unterzeichnenden Organisationen sind besorgt, dass die Diskussion über Rüstungsexporte zunehmend im Kontext strategischer Interessen geführt wird und nicht unter dem Vorrang menschenrechtlicher und völkerrechtlicher Verpflichtungen. Sie warnen: Rüstungsexporte dürfen nicht zur geopolitischen Verfügungsmasse verkommen! Internationale Verpflichtungen müssen in der Rüstungsexportpolitik umgesetzt werden!
Rüstungsexportkontrollgesetz ist das richtige Instrument
In ihrem Appell an die Verhandelnden von CDU/CSU und SPD fordern sie daher, deutsche Rüstungsexporte an Staaten auszuschließen, bei denen das Risiko besteht, dass sie zu Verletzungen der Menschenrechte oder des humanitären Völkerrechts beitragen: "Im Sinne der Stärke des Rechts ist ein restriktives nationales Rüstungsexportkontrollgesetz mit Verbandsklagerecht das richtige Instrument, um dies umzusetzen!"
Auch auf EU-Ebene sieht der Appell einen erheblichen Verbesserungsbedarf im Sinne einer restriktiven Kontrolle. Die deutsche Bundesregierung müsse hier mit einem restriktiven nationalen Rüstungsexportkontrollgesetz glaubwürdig als Vorreiter für die dringend benötigte Durchsetzung und Verschärfung bestehender EU-Kriterien eintreten. Damit würde Deutschland nicht, wie so oft behauptet, einen restriktiven Sonderweg beschreiten, sondern lediglich den bestehenden europäischen und internationalen Regeln zur Durchsetzung verhelfen!
Rüstungs-Investitionen erfüllen nicht Kriterien der Nachhaltigkeit
Die unterzeichnenden Organisationen kritisieren zudem die Position, dass Rüstungsunternehmen künftig bei nachhaltigen Geldanlagen nicht mehr negativ bewertet oder ausgeschlossen werden sollen. "Selbst wenn die Politik mehr Investitionen in Rüstung für notwendig erachtet, bedeutet dies nicht, dass diese nachhaltig sind. Sie leisten keinen positiven Beitrag zu den Umweltzielen der UN und sie erfüllen nicht den Aspekt 'do no significant harm'", stellen die Organisationen klar.
Daher appellieren sie an Union und SPD, im Koalitionsvertrag klarzustellen, dass Rüstungsfirmen auch weiterhin nicht in nachhaltige Fonds und Geldanlagen aufgenommen werden dürfen und menschenrechtliche Sorgfaltspflichten einhalten müssen.
Den Appell im Wortlaut finden Sie hier [PDF-Download]
Medienkontakt: Charlotte Kehne, Referentin für Rüstungsexportkontrolle bei Ohne Rüstung Leben, 0711 62039372, orl-kehne@gaia.de
UPDATE (26. März 2025): Erste Zwischenergebnisse der Koalitionsverhandlungen
Mittlerweile ist eine konsolidierte Fassung des Textes öffentlich geworden, den die Arbeitsgruppe 12 (Verteidigung, Außen, Entwicklung, Menschenrechte) für den Koalitionsvertrag vorschlägt. Dem Thema Rüstungsexporte wird ein Absatz gewidmet. Es ist besorgniserregend, dass im Abschnitt zum Rüstungsexport nur einmal der Wortteil "-kontroll" erwähnt wird und das in Zusammenhang mit der rascheren Überprüfung von Genehmigungen.
Als Ziel formuliert die Arbeitsgruppe eine "strategisch ausgerichtete Rüstungsexportpolitik", die stärker an den Interessen in der Außen- und Sicherheitspolitik, aber auch der Wirtschaftspolitik ausgerichtet werden soll. Eine solche interessensgeleitete, strategische Rüstungsexportpolitik wäre ein dramatischer Rückschritt, vor dem wir bereits während der Koalitionsverhandlungen gewarnt haben.
Hier zeigt sich, dass die deutsche Rüstungsexportpolitik im Kontext vager strategischer Interessen gesehen wird und nicht unter dem Vorrang menschenrechtlicher und völkerrechtlicher Verpflichtungen. Bezeichnend: Anscheinend ist in diesem Themenbereich nur umstritten, ob internationales Recht und die Menschenrechte bei der Genehmigung von Rüstungsexporten "wesentlich" sein sollen.
Das ist beunruhigend, denn es sollte klar sein, dass internationales Recht und die Menschenrechte gelten - auch in der Rüstungsexportkontrolle! Gerade in Zeiten, in denen viele Regierungen wieder auf das Recht des Stärkeren setzen und damit zunehmend Druck auf die regelbasierte internationale Ordnung ausüben, sollte Deutschland daran keine Zweifel zulassen.
Das Papier wirft Fragen auf: Werden zukünftig Argumente zu Arbeitsplätzen und Wettbewerbsfähigkeit Rüstungsexporte an menschen- und völkerrechtsverletzende Staaten rechtfertigen. Wird die zukünftige Regierung in Kauf nehmen, dass deutsche Rüstungsexporte bei Menschenrechtsverletzungen eingesetzt werden könnten, wenn ein geostrategisches Interesse am Empfängerland besteht? In welchen Fällen wird sie das tun und in welchen nicht?
Besonders verpflichtet scheint sich die potenziell schwarz-rote Koalition gegenüber der deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie, ihren ausländischen Partnern sowie ihren Kunden zu fühlen. Ihnen soll die Rüstungsexportpolitik Verlässlichkeit geben. Potenziell Betroffene von Waffenexporten werden mit keinem Wort erwähnt. Ohne Rüstung Leben setzt sich daher weiter für eine Rüstungsexportpolitik ein, die in erster Linie das Ziel verfolgt, Völkerrecht und Menschenrechte zu wahren und menschliches Leid zu verhindern!
Mehr Informationen
GKKE und Aktion Aufschrei: Scharfe Kritik an verheerender Rüstungsexport-Bilanz der Ampel
Studie: Deutschland verletzt internationale Verpflichtungen beim Rüstungsexport
Material zum Thema
Studie: Deutsche Rüstungsexporte - europäische und internationale Verpflichtungen
[PDF-Download, 2,9 MB]
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