Ohne Rüstung Leben e.V.
Frieden politisch entwickeln

Corona-Friedenstagebuch - 5. Juni 2020

Corona-Friedenstagebuch (10): Zivilgesellschaft in der Krise?

Corona-Friedenstagebuch von Ohne Rüstung Leben

 

Das Thema "Frieden" findet zwar aktuell kaum Aufmerksamkeit, doch die Corona-Pandemie und unser Umgang damit hat ganz konkrete Auswirkungen auf friedenspolitische Themen.

Jeden zweiten Freitag betrachten wir einen anderen Aspekt der Corona-Krise aus friedenspolitischer Perspektive und laden Sie ein, unsere Gedanken und Impulse mitzudenken und zu teilen.


 

Corona-Friedenstagebuch (10): Zivilgesellschaft in der Krise?

 

Die Zivilgesellschaft trägt zur Daseinsvorsorge bei. Sie wacht über Grundrechte, informiert und bildet, regt Debatten an und findet Lösungen, hilft und heilt, sucht den konstruktiven Dialog und arbeitet stetig daran, unsere Gesellschaft besser zu machen.

Und nicht zuletzt ist der zivilgesellschaftliche Sektor in Deutschland mit rund 3,7 Millionen Beschäftigten auch ein bedeutender Wirtschaftszweig.

Dennoch wurde in den vergangenen Wochen wenig über die Zivilgesellschaft in Zeiten der Corona-Krise gesprochen.


"Gemeinnütziger Sektor in Not"

Von den Rettungsschirmen und Hilfen der Bundesregierung war sie bislang ausgeschlossen, obwohl gemeinnützige Organisationen in der Regel kaum Rücklagen bilden dürfen. "Die Not im gemeinnützigen Sektor ist groß!", sagt Andreas Rickert von der gemeinnützigen Beratungsgesellschaft "Phineo".

Sie beträfe bei weitem nicht alle Organisationen gleich. Doch in fast allen Bereichen der Zivilgesellschaft seien jene besonders betroffen, die Einnahmen aus Angeboten generieren - also mit Workshops, Veranstaltungen, Programmen, Materialverkäufen, etc.

Erst mit dem vorgestern beschlossenen Konjunkturpaket sind immerhin Kredite zur Stabilisierung gemeinnütziger Organisationen vorgesehen - wobei sich zeigen muss, ob sie eine Hilfe sein werden oder in die Schuldenfalle führen.


Wie haben deutsche Friedensorganisationen die letzten Monate bewältigt?

Die Corona-Pandemie bedeutete auch für friedenspolitische Nichtregierungsorganisationen die Absage unzähliger Veranstaltungen, Angebote und Aktionen. Begonnen bei der Lesereise von Arun Gandhi über die gesamte Aktionspräsenz in Büchel, Spendenläufe, unsere Workshopreihe zu Frieden und Entwicklung, die Jugenddelegation zur UNO in New York...

Oft ging damit ein Verzicht auf geplante Einnahmen bei weiter anfallenden Kosten einher.

"Die Auswirkungen der Corona-Pandemie treffen unsere Arbeit hart und gefährden die Existenz von Friedensorganisationen", warnte Jan Gildemeister, Geschäftsführer der Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF), daher auf dem Höhepunkt der Krise im April.


Große Solidarität

Gleichzeitig jedoch war zu beobachten, dass viele private Spenderinnen und Spender das Dilemma der Friedensorganisationen erkannten und mit großer Solidarität reagierten. Ohne Rüstung Leben, das sich zum größten Teil durch Spenden finanziert, konnte dank ihrer Unterstützung in den letzten Monaten nahezu uneingeschränkt weiterarbeiten.

Diese Würdigung unserer Arbeit bedeutet uns sehr viel und wir möchten uns an dieser Stelle bei allen Spenderinnen und Spendern herzlich dafür bedanken!


Interne Prozesse und viel Flexibilität

Jenseits aller finanziellen Herausforderungen mussten die deutschen Friedensorganisationen - nicht anders als gewinnorientierte Unternehmen - ihre internen Arbeitsprozesse auf die neue Situation umstellen. Konferenzen und Tagungen wurden in den ersten Märzwochen in Windeseile abgesagt und durch Telefon- und Videokonferenzen ersetzt.

Hauptamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter blieben im Home-Office, bei vielen Organisationen kamen nur noch die für den Versand zuständigen in die Büroräume. Ehrenamtliche bewiesen in diesen Wochen viel Ehrgeiz und Flexibilität, um Aktionen und Organisationen von zu Hause aus weiter zu unterstützen.

Den meisten Organisationen kam dabei zugute, dass sie gut vernetzt sind und ihre hauptamtlichen Mitarbeitenden in der Regel mit hoher Eigenverantwortung in kleinen, agilen Teams zusammenarbeiten - dadurch fiel es ihnen leichter, sich an die neuen Anforderungen anzupassen, als manch einem Großkonzern.

Wie können friedenspolitische Inhalte verbreitet werden?

Eine große Frage begleitet uns weiterhin: Wenn Demonstrationen und öffentliche Veranstaltungen vorerst nur sehr eingeschränkt möglich sind, wie können friedenspolitische Informationen und Forderungen verbreitet werden? Zumal Medien und Öffentlichkeit nur ein Thema zu kennen scheinen: Das Corona-Virus.

Die im April anstehenden Ostermärsche wurden kurzerhand in den virtuellen Raum verlegt und boten mit einem zentralen Livestream und vielen dezentralen Online-Aktionen, sowie den tausenden geteilten Bildern von PACE-Flaggen ein vielbeachtetes Beispiel für Friedensengagement im Lockdown.

Seitdem haben viele Organisationen und Kampagnen neue Formate entwickelt: Online-Berichte und -Aktionen, Videos und Webinare, verstärkte Aktivitäten bei Online-Bürgersprechstunden und in den Sozialen Medien. Vieles davon wird unsere Arbeit weiter bereichern, auch wenn die Einschränkungen der Corona-Krise nun gelockert werden und wieder erste dezentrale Veranstaltungen möglich sind.

Ein mutmachendes Signal

Flexibilität, Ideenreichtum und große Solidarität - so haben die deutschen Friedensorganisationen gemeinsam mit ihren Unterstützerinnen und Unterstützern die letzten Monate bewältigt.

Daran zeigt sich nicht zuletzt, dass große Teile unserer Gesellschaft selbst in Zeiten einer bislang unbekannten Pandemie weiter für Frieden und Gerechtigkeit einstehen möchten.

Ein wichtiges, mutmachendes Signal!


Wir finden:
In der Corona-Krise hat sich gezeigt, wie wichtig die Zivilgesellschaft ist, um zentrale gesellschaftliche Fragen voranzubringen. Und wie wenig Unterstützung sie dabei von der Bundespolitik bekommt.

 

Alle Folgen unseres Corona-Friedenstagebuches finden Sie hier

Ab dieser Woche erscheint das Corona-Friedenstagebuch im 14-Tage-Rhythmus und wird damit den zunehmenden Lockerungen und den weiteren Themen gerecht, die mittlerweile wieder bearbeitet werden können.

 

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