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Nachrichten - 5. Juli 2019 - UPDATE: 5. August 2019

Aktionärshauptversammlung 2019 von "Heckler & Koch"

Die Kritischen Aktionäre vor der Hauptversammlung von Heckler & Koch 2019 in Rottweil

Am 12. Juli 2019 fand die diesjährige Aktionärsversammlung von "Heckler & Koch" in Rottweil statt. Zum dritten Mal in Folge nutzten die Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre dort ihr Rede- und Fragerecht, um Vorstand und Aufsichtsrat des Kleinwaffenherstellers mit Kritik zu konfrontieren. Sie erhielten einige aufschlussreiche Antworten.


Es ist eine Besonderheit, dass die Hauptversammlungen von "Heckler & Koch" von Kritischen Aktionärinnen und Aktionären dominiert werden. So auch am 12. Juli 2019. Mehr als ein Dutzend "Kritische Aktionär*innen Heckler & Koch" stellten in ihren Wortbeiträgen gut 120 Fragen und erhielten ausführliche Antworten. Auch Charlotte Kehne, Referentin für Rüstungsexportkontrolle bei Ohne Rüstung Leben, hat als Kritische Aktionärin teilgenommen.


Um Transparenz und Offenheit bemüht

Man freue sich auf eine offene und konstruktive Diskussion, hieß es von Seiten des Kleinwaffenherstellers gleich zu Beginn der Hauptversammlung, an der erstmals auch die Presse teilnehmen durfte. Ganz offensichtlich ist man in Oberndorf um Transparenz und Dialog bemüht. Ein logischer Schritt, machte das Unternehmen in den vergangenen Jahren doch vor allem Negativschlagzeilen. Nun, so betonte der Vorstand, habe man die "schwere See" verlassen und sei wieder "auf Kurs".

Noch in ihrem Jahresbericht 2018 hatten die Abschlussprüfer "ein bestandsgefährdendes Risiko" in den Finanzzahlen des Unternehmens gesehen. Nun hält "Heckler & Koch" überraschenderweise für das laufende Jahr sogar ein Erreichen der Gewinnzone für möglich. Unkritisch ist der eingeschlagene Kurs jedoch nicht zu sehen - wie Nachfragen auf der Hauptversammlung ergaben.

Grüne-Länder-Strategie aufgeweicht?

So bekennt sich "Heckler & Koch" zwar zu seiner "Grüne-Länder-Strategie", wonach Waffen aus Oberndorf nur noch an Staaten geliefert werden sollen, die als "unbedenklich" eingestuft wurden. Auf der Hauptversammlung wurde jedoch klar, dass darunter nicht nur NATO- und EU-Länder sind. In Ausnahmefällen sollen offenbar auch Staaten wie z.B. Indonesien, Oman oder Malaysia zu "grünen Ländern" erklärt werden.

Zudem wurden zwar Altverträge in Millionenhöhe rückabgewickelt, weil "Heckler & Koch" die entsprechenden Länder nicht mehr beliefern will. Einige bestehende Verträge erfüllte der Kleinwaffenhersteller jedoch zuvor noch, beispielsweise mit den Vereinigten Arabischen Emiraten, die eine zentrale Rolle im Jemen-Krieg führen. Auch zukünftig sollen bestimmte Altverträge noch erfüllt werden.


Mitgefühl für die Opfer in Mexiko

Der Befürchtung, Produktionsstandorte in den USA könnten von "Heckler & Koch" als Hintertür für Exporte in Drittstaaten genutzt werden (etwa nach Lateinamerika), widersprach der Vorstand vehement. Exporte von "Heckler & Koch"-Waffen aus den USA fänden bislang nicht statt. "Wir werden die Entwicklung in dieser Frage auch in den kommenden Jahren sehr genau beobachten und kritisch nachfragen, ob "Heckler & Koch" sich an die Zusagen hält", sagt Charlotte Kehne.

Auf Nachfrage verurteilte der Vorstand des Kleinwaffenherstellers die Verbrechen im Fall Ayotzinapa und äußerte Mitgefühl für die Angehörigen in Mexiko. Eine Mitverantwortung erkennt der Kleinwaffenhersteller jedoch weiterhin nicht an, obwohl bei den Verbrechen nachweislich auch illegal exportierte G 36-Gewehre eingesetzt wurden. Es lägen keine gesicherten Erkenntnisse für eine solche Mitverantwortung vor.

"Heckler & Koch" verkauft keine normalen Güter

Die Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre sind mit dieser Haltung naturgemäß nicht zufrieden. Sie werden den Vorstand und Aufsichtsrat von "Heckler & Koch" weiterhin auffordern, anzuerkennen, dass ihr Unternehmen keine normalen Güter verkauft, sondern tödliche Waffen. Es würde dem Kleinwaffenhersteller gut zu Gesicht stehen, die tödlichen Folgen seiner bisherigen Geschäftspraxis aufzuarbeiten, seine Verantwortung anzuerkennen und öffentlich darzustellen, wie zukünftig ausgeschlossen werden kann, dass Kleinwaffen aus Oberndorf in kriegführenden und menschenrechtsverletzenden Ländern zum Einsatz kommen.

Nicht zuletzt aufgrund der fundierten und hartnäckigen Arbeit der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre hat sich bei "Heckler & Koch" mittlerweile einiges bewegt. Ein genauerer Blick zeigt jedoch: Von einer akzeptablen Geschäftspolitik sind die Oberndorfer noch weit entfernt. Auch im kommenden Jahr kann der Vorstand daher mit kritischen Fragen rechnen.


UPDATE (5. August 2019): In ihrer aktuellen Ausgabe berichtet die Wochenzeitung "Der Freitag" ausfühlich über die aktuelle Lage von "Heckler & Koch" und zitiert dabei auch zahlreiche Aussagen von Charlotte Kehne und Jürgen Grässlin. Hier können Sie den Artikel online lesen.

Unsere Pressemitteilung zur Hauptversammlung vom 11. Juli 2019 [PDF-Download]

 

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In Mexiko herrscht ein blutiger Drogenkrieg. Die Polizei ist in einigen Regionen von organisierter Kriminalität unterwandert. Weltweite Beachtung fanden 43 Studenten, die der Praxis des "Verschwindenlassens" zum Opfer fielen. Deutsche Waffen von "Heckler & Koch" und "Sig Sauer" tauchen immer wieder in Mexiko auf - auch dort, wo sie nie sein durften.

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