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Nachrichten - 18. Oktober 2018

Bundeshaushalt 2019: Das plant die Regierung für Verteidigung und Entwicklung

Kann mit der Haushaltsplanung nicht zufrieden sein: Entwicklungsminister Gerd Müller
Entwicklungsminister Müller. Foto: Barbara Frommann, flic.kr/p/vdrWnP, CC BY 2.0 [Lizenz]

"Zukunftsorientiert, gerecht und verantwortungsvoll" - unter diesem Motto plant Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) im Haushalt 2019 eine starke Erhöhung der Verteidigungsausgaben. Die Mittel für Frieden und Entwicklung hingegen sollen mittelfristig stagnieren oder sogar sinken. Was sind die Folgen dieser Politik? Wir beantworten die wichtigsten Fragen.


Was ist im Haushaltsentwurf 2019 geplant?

Der Etat des Verteidigungsministeriums soll 2019 um 11 Prozent (4,38 Milliarden Euro) auf insgesamt 42,9 Milliarden Euro steigen, der Etat für Entwicklungszusammenarbeit um 3 Prozent (knapp 300 Millionen Euro) auf insgesamt 9,7 Milliarden Euro. Die Mittel für "Krisenprävention, Stabilisierung und Friedensförderung" werden um 14 Prozent (50 Millionen Euro) gekürzt, der Etat des Auswärtigen Amtes für humanitäre Hilfe stagniert bei 1,5 Milliarden Euro.

 

Wie werden diese Planungen begründet?

Die stark ansteigenden Verteidigungsausgaben werden mit einer schrittweisen Annäherung an das 2-Prozent-Ziel der NATO begründet. Demnach sollen alle Mitgliedsstaaten zwei Prozent ihres Bruttoinlandsproduktes für Verteidigung ausgeben. Als weiterer Grund wird die schlechte Ausrüstung der Bundeswehr angeführt (es ist allerdings zweifelhaft, ob sich die strukturellen Probleme der Truppe mit mehr Geld lösen lassen). Da im Bundeshaushalt keine neuen Schulden gemacht werden sollen, sind die Mittel begrenzt und es muss an anderer Stelle gespart werden.

 

Welche Entwicklungen sind bis 2022 vorgesehen?

Laut der im Mai veröffentlichten Rahmenplanung für die Jahre bis 2022 soll der Entwicklungsetat ab 2020 sogar sinken! "Die Eckwerte unseres Etats sinken 2020, 2021 um eine Milliarde Euro", sagt Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU). "Es kann nicht sein, dass gerade bei uns im Haushalt der Rotstift angesetzt wird." Der Verteidigungshaushalt soll in diesem Zeitraum nach bisheriger Planung mindestens stabil bleiben, zahlreiche Stimmen fordern eine weitere Erhöhung.

 

Wie wird sich diese Budgetverteilung auswirken?

Zunächst sendet Berlin damit ein verheerendes Signal an andere Staaten und die Zivilgesellschaft: Investitionen in Entwicklung, zivile Krisenprävention und Friedensförderung haben keine Priorität. Für die Planung nachhaltiger Entwicklungsprojekte ist der erst steigende und anschließend wieder sinkende Entwicklungsetat ein Desaster. Die weitere Finanzierung jetzt begonnener Programme sei nicht gesichert, kritisiert der Verband Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe (VENRO).

 

Welche weitere Kritik gibt es an den Planungen?

Weil die Ausgaben für Entwicklungszusammenarbeit unterproportional steigen, sinkt ihr Anteil am Bruttonationaleinkommen (die sogenannte ODA-Quote) von 0,66 Prozent im Jahr 2017 auf 0,48 Prozent im Jahr 2019. Die UN-Zielvorgabe ist 0,7 Prozent. In einer Zeit, in der weltweit an vielen Orten humanitäre Hilfe und zivile Konfliktprävention gefragt wären, sinkt der Stellenwert dieser Posten im Haushalt gravierend! VENRO kommentiert den Haushaltsentwurf 2019: "Der Bedarf an Mitteln in der Entwicklungszusammenarbeit ist riesig - eine Steigerung von nur 284 Millionen Euro ist daher bei weitem nicht ausreichend".

Damit verstößt die Bundesregierung auch gegen ihre Ankündigung aus dem Koalitionsvertrag, das Wachstum von Verteidigungs- und Entwicklungsausgaben zu koppeln. Die "Plattform Zivile Konfliktbearbeitung" sagt dazu: "Die Übernahme internationaler Verantwortung muss vorrangig mit den Instrumenten der Krisenprävention und der zivilen Konfliktbearbeitung umgesetzt werden." Daher sei es fatal, dass sich die Diskussion aktuell in erster Linie um eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben drehe.

Laut einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur lehnen übrigens 60 Prozent der Deutschen eine Anhebung der Militärausgaben auf mehr als 1,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes ab, 36 Prozent der Befragten ist dieser Wert bereits zu hoch (25 Prozent machten keine Angaben). Die Pläne der Bundesregierung finden also auch in der Bevölkerung keine Mehrheit.

 

Wie äußern sich die Bundestagsabgeordneten?

Ohne Rüstung Leben hat alle Bundestagsabgeordneten angeschrieben und unsere Kritik dargestellt. Uns erreichten zahlreiche Antworten: Aus der Fraktion der CDU / CSU wurde das Ansteigen der Verteidigungsausgaben als - angesichts der Weltlage - überfälliger Schritt bezeichnet. Zudem wurde darauf verwiesen, dass die Bundeswehr ebenfalls "aktive Krisenbewältigung" leiste. Stimmen aus der AfD befürworten höhere Verteidigungsausgaben, stellten dabei jedoch die Bedeutung der Bundeswehr für die "Landesverteidigung" in den Mittelpunkt.

In der Fraktion des Finanzministers teilt man offenbar unsere Haltung zur Friedens- und Entwicklungspolitik, verweist jedoch auf "realpolitische Zwänge". Die Rückmeldungen aus der SPD betonten daher die positiven Seiten des Haushaltsentwurfes. Zudem sei noch Zeit, korrigierend in die Entwicklungsausgaben der kommenden Jahre einzugreifen. "Bündnis 90 - Die Grünen" und die Linken teilen unsere Forderungen. Die antwortenden Abgeordneten dankten für unser Engagement und verwiesen auf eigene Initiativen. Von der FDP erreichte uns bislang keine Antwort.

 

Was will Ohne Rüstung Leben erreichen?

Der Haushalt für das Jahr 2019 wird im November 2018 vom Bundestag beschlossen. Wir rechnen nicht damit, dass es dabei noch Änderungen am Regierungsentwurf geben wird. Die Diskussionen rund um die Abstimmung möchten wir jedoch nutzen, um für die Haushalte der kommenden Jahre eine Trendwende zu fordern. Mit Blick auf die bald beginnende Haushaltsplanung 2020 fordern wir unter anderem eine dauerhafte und verlässliche Erhöhung der Mittel für Entwicklungszusammenarbeit, zivile Krisenprävention und Friedensförderung.

 

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