Nachrichten - 25. Februar 2016
Kampfpanzer für Katar: Konnte Sigmar Gabriel die Lieferung wirklich nicht verhindern?
Die Bundesregierung genehmigte 2015 die Ausfuhr von Leopard 2-Kampfpanzern und Panzerhaubitzen im Wert von 1,6 Milliarden Euro nach Katar. Das Emirat am Persischen Golf führt (wie Saudi-Arabien) Krieg im Jemen und missachtet die Menschenrechte - ein besonders schlechter Ort für deutsche Kriegswaffen. Das sieht selbst Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel so.
Der ließ sich zitieren, er hätte dieses Geschäft nicht bewilligt. Die Genehmigung gehe jedoch auf die Vorgängerregierung, also die Koalition aus Union und FDP zurück und wurde vor dem Regierungswechsel 2013 erteilt. Daran sei er nun gebunden, so Gabriel.
Paul Russmann, Geschäftsführer von Ohne Rüstung Leben, bezweifelt diese Bindung. Schließlich erlaube § 7 des Kriegswaffenkontrollgesetzes jederzeit den Widerruf einer erteilten Genehmigung. "Die Zahlung einer Entschädigung ist allemal menschlicher als … die Erteilung von Ausfuhrgenehmigungen von Kriegswaffen und Rüstungsgütern an kriegführende und menschenrechtsverletzende Staaten."
Im Sicherheitsrat überstimmt?
Wenn man Sigmar Gabriel Glauben schenken kann, soll genau das auch der Plan des Bundeswirtschaftsministers gewesen sein. Der Tagesspiegel schreibt, Gabriels Versuch, die Genehmigung zu widerrufen, sei jedoch am Einspruch anderer Bundesministerien gescheitert, die damals im Bundessicherheitsrat für die Lieferung gestimmt hatten und sich nicht korrigieren wollten.
Ein brisanter Vorwurf: Als Ausschuss des Bundeskabinetts entscheidet der Bundessicherheitsrat im Einzelfall für oder gegen deutsche Kriegswaffenexporte. Er tagt im Geheimen und seine Mitglieder sind zu Verschwiegenheit angehalten. Ursprünglich wurden Entscheidungen einvernehmlich getroffen, inzwischen genügt die Mehrheit. Wurde Sigmar Gabriel tatsächlich bei der Revision dieser wichtigen Entscheidung im Bundessicherheitsrat überstimmt? Und wenn ja, von wem?
Die Antwort bleibt geheim
Dem Bundessicherheitsrat gehören die Bundeskanzlerin, der Chef des Bundeskanzleramts und sieben Bundesministerinnen und Bundesminister an. "Damals" - also vor 2013 - waren von den heutigen Mitgliedern nur Angela Merkel, Finanzminister Wolfgang Schäuble und Innenminister Thomas de Maizière (als Verteidigungsminister) vertreten. Sie allein genügen heute nicht für eine Stimmenmehrheit. Und welches Interesse hätten sie daran, Kriegswaffen an Katar zu liefern?
Die Antwort auf diese Frage - geheim! Was bleibt, ist die Gewissheit, dass Rüstungsexporte nach Katar in der Bundesregierung mächtige Fürsprecher haben. Obwohl das Emirat Krieg im Jemen führt, Menschenrechte verletzt und weltweit Entsetzen über die menschenunwürdigen Zustände auf den Baustellen seiner WM-Stadien herrscht. Und obwohl Gerüchte, Katar unterstütze den selbsternannten "Islamischen Staat", nie wirklich ausgeräumt wurden.
Mehr Informationen
Interview mit Paul Russmann und Jan van Aken (MdB, die Linke):
Katar:
bei der "Aktion Aufschrei - Stoppt den Waffenhandel"
auf ruestungsexport.info [PDF-Download]
Bundessicherheitsrat:
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