Nachrichten - 19. November 2018 - UPDATE: 27. November
Alle deutschen Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien gestoppt! (Vorerst)
Die Bundesregierung hat heute bekannt gegeben, dass sie alle Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien stoppt! Auch Waffen und Rüstungsgüter, deren Export bereits genehmigt wurde, dürfen nicht mehr ausgeliefert werden. Neue Informationen lassen die Reaktion auf den Fall des ermordeten Journalisten Jamal Khashoggi jedoch in einem anderen Licht erscheinen.
Am Ende war es der ermordete Journalist, der Berlin zum Handeln brachte. Doch schon zuvor hätten die Menschenrechtsverletzungen und die führende Rolle Saudi-Arabiens bei der humanitären Katastrophe im Jemen Grund genug für einen Waffenexportstopp sein müssen. Seit nunmehr fast drei Jahren arbeitet Ohne Rüstung Leben intensiv daran, die deutschen Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien und ihre verheerenden Folgen zu thematisieren.
Auch ein Erfolg unserer Arbeit
Mit drei großen Postkartenaktionen, unzähligen Presseerklärungen und Nachrichtenartikeln trugen wir das Thema in die Öffentlichkeit. In persönlichen Gesprächen und Briefwechseln mit Ministern und Abgeordneten sowie bei Aktionärshauptversammlungen - etwa der Rheinmetall AG - forderten wir zudem hartnäckig einen Stopp aller deutschen Rüstungsexporte in das menschenrechtsverletzende und kriegführende Königreich.
Drei Wirtschaftsministerinnen und -minister hatte Deutschland in diesen drei Jahren. Der dritte, Peter Altmaier, hat nun den längst überfälligen Schritt gemacht. Ohne Rüstung Leben freut sich sehr über den Erfolg auch unserer hartnäckigen Informations-, Aktions- und Lobbyarbeit.
Fragen bleiben offen
Deutschland reiht sich nun - wenn auch sehr spät - in die Reihe jener Länder ein, die keine Kriegswaffen und Rüstungsgüter mehr nach Saudi-Arabien liefern. Es setzt damit auch ein Zeichen für jene, die sich bislang nicht durchringen konnten. Frankreich zum Beispiel. Dennoch ist eine gesunde Skepsis angebracht, denn viele Fragen bleiben offen:
- Wie lange gilt der Exportstopp?
Das hält sich die Bundesregierung offen. Alles andere als ein unbefristeter Stopp aller Rüstungsexporte wäre angesichts des Jemen-Krieges, wo Millionen hungern, völlig inakzeptabel. Es ist wichtig, dass der öffentliche Druck auch in einigen Monaten keine schleichende Rückkehr zum "Business as usual" zulässt.
- Wie weiter mit anderen kriegführenden und menschenrechtsverletzenden Staaten?
Ein Rüstungsexportstopp nicht nur an Saudi-Arabien, sondern auch an Länder wie Ägypten, Katar und die Türkei sollte eigentlich selbstverständlich sein. Doch Ägypten, das ebenfalls im Jemen-Krieg kämpft, schloss beispielsweise erst vor einigen Tagen einen Vertrag über neue Fregatten mit Thyssen-Krupp ab.
- Wie positioniert sich Europa in dieser Frage?
Laut dem gemeinsamen Standpunkt zu Waffenexporten dürften aus der EU keine Militärgüter an Länder wie Saudi-Arabien exportiert werden. Das EU-Parlament hat sich jetzt mehrheitlich dafür ausgesprochen, Verstöße zukünftig zu ahnden. Eine wichtige Entwicklung, deren Wirkung jedoch bislang nicht eingeschätzt werden kann.
Bei diesen Fragen werden wir weiterhin sehr genau hinschauen!
UPDATE: 27. November 2018
Skepsis und Bedenken haben sich leider bestätigt. Medienberichten zufolge ist der groß angekündigte Lieferstopp für bereits genehmigte deutsche Rüstungsgüter an Saudi-Arabien zunächst auf zwei Monate begrenzt. Die Rüstungsindustrie werde zudem - offenbar um Schadensersatzzahlungen zu vermeiden - gebeten, sich freiwillig daran zu halen. Aus diesem Anlass kommentiert Charlotte Kehne, Referentin für Rüstungsexportkontrolle bei Ohne Rüstung Leben und Sprecherin der "Aktion Aufschrei - Stoppt den Waffenhandel!":
"Angesichts des Leids der Menschen im Jemen ist diese Befristung indiskutabel. Anstatt sich weiterhin ein Hintertürchen offen zu halten, muss die Bundesregierung endlich Klarheit schaffen! Den großen Worten eines Rüstungsexportstopps, müssen entsprechende Taten folgen - also ein vollständiger, langfristiger Exportstopp, der den Widerruf bereits genehmigter Exporte miteinschließt und sich auch nicht durch Tochterfirmen und Joint-Ventures umgehen lässt."
"Eine solch klare Haltung darf zudem nicht nur für Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien gelten. Sie muss vielmehr alle im Jemen-Krieg involvierten Staaten umfassen und auch im Rahmen von Komponentenzulieferungen für internationale Waffenprojekte wie den Eurofighter konsequent durchgesetzt werden."
Mehr Informationen
Pressemeldungen zum Exportstopp:
Süddeutsche: Deutschland stoppt alle Rüstungsexporte an Saudi-Arabien
Tagesschau: Regierung verhängt Sanktionen gegen Saudis
Handelsblatt: Deutschland prescht vor
Wir berichten seit 2016 regelmäßig über Rüstungsexporte an Riad und die Lage im Jemen-Krieg:
Klicken Sie sich hier durch unsere Nachrichtenmeldungen zum Thema
Postkartenmotive
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