Nachrichten - 7. Oktober 2022
Regierung genehmigt Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien
Die Bundesregierung hat Rüstungsexporte an Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate genehmigt. Medienberichten zufolge fiel die Entscheidung im September 2022 kurz vor der Reise von Bundeskanzler Olaf Scholz in die Golfregion. Bislang hatten die Ampel-Parteien betont, dorthin nicht mehr zu liefern.
Ende August 2022 verwies die Regierung auf den gesunkenen Anteil der Rüstungsexportgenehmigungen für Lieferungen an Staaten außerhalb von EU und NATO. Schon damals befanden sich unter den weiterhin belieferten Drittstaaten jedoch Staaten wie Algerien oder Katar. Mit den jüngst bekannt gewordenen Waffenexporten wächst die Liste problematischer Empfängerländer weiter.
Nun genehmigte die Ampel-Koalition erstmals auch Exporte nach Saudi-Arabien. Dabei teilte die Bundesregierung noch Mitte September mit, seit ihrem Amtsantritt keine Waffenexporte in das autokratisch regierte Land genehmigt zu haben - auch nicht im Rahmen einer Ausnahmeregel für gemeinschaftliche Rüstungsprojekte mit Bündnispartnern.
Energieversorgung sichern, Waffen liefern?
Von dieser Ausnahme, die bereits die Große Koalition im Exportstopp nach Saudi-Arabien verankerte und nutzte, macht die Ampel-Regierung nun doch Gebrauch. Sie stimmte Lieferungen im Rahmen von Gemeinschaftsprojekten mit Italien, Spanien und Großbritannien zu. Dabei handelt es sich um Ausrüstungsteile und Bewaffnung für die Kampfflugzeuge Eurofighter und Tornado sowie Munition für den Eurofighter. Diese Flugzeugtypen wurden bei Luftangriffen der Jemen-Kriegskoalition eingesetzt.
Laut Medienberichten soll die Entscheidung kurz vor der Reise des Bundeskanzlers in die Golfregion getroffen worden sein. Einer Reise, bei der es laut Regierungssprecher "um unseren Einsatz für eine regelbasierte internationale Ordnung und den Ausbau der Wirtschafts- und Energiekooperation" gehe. Wie Rüstungsexporte in ein Land, welches Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht missachtet, mit dem Einsatz für eine regelbasierte internationale Ordnung zusammenpassen, bleibt offen.
Verlässlichkeit gegenüber Bündnispartnern
Laut dem Sprecher des Auswärtigen Amtes mache man sich "überhaupt keine Illusionen" über die Menschenrechtslage in Saudi-Arabien. Andererseits jedoch sei Deutschland im Rahmen von Kooperationsprojekten mit engsten Bündnispartnern Verpflichtungen eingegangen. Gerade jetzt könnten Gemeinschaftsprojekte im Verteidigungsbereich mit den engsten europäischen Partnern nicht blockiert werden, betont auch Außenministerin Annalena Baerbock. Verlässlichkeit gegenüber den Verbündeten in EU und NATO sei noch wichtiger geworden.
Ähnlich argumentierte auch Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht, als sie vor einigen Wochen von "Sonderregeln" beim Export von gemeinsam produzierten Rüstungsgütern sprach, mit denen Deutschland europäische Rüstungskooperationen kompliziert mache. Auch Bundeskanzler Scholz regte zuletzt an, entsprechende "nationale Vorbehalte und Regularien" zu überprüfen.
Europäische Gemeinschaftsprojekte - auf wessen Kosten?
Doch Verlässlichkeit stellt die Bundesregierung mit ihren neuen Exportgenehmigungen gerade nicht unter Beweis. Rüstungslieferungen an Länder wie Saudi-Arabien stehen in eklatantem Widerspruch zu den geltenden Kriterien des europäischen "Gemeinsamen Standpunkts für Rüstungsexporte" und des Arms Trade Treaty, auf die sich alle EU-Länder und Großbritannien geeinigt haben.
Es ist kein Sonderweg, sich an bestehende Regeln zu halten. Diese mit Rüstungslieferungen an Saudi-Arabien auszuhöhlen, ist der (inakzeptable) Sonderweg! Europäische Gemeinschaftsprojekte dürfen auch nicht dazu dienen, nationale Regeln auszuhebeln. Die Bundesregierung sollte sich daher für die konsequente Einhaltung der bestehenden Regelungen und eine Verschärfung der Exportkontrolle einsetzen - auf nationaler wie europäischer Ebene.
Denn die Kosten tragen am Ende immer die Menschen in Krisen- und Kriegsgebieten: Nur wenige Tage nach der Genehmigung neuer Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien wurde bekannt, dass die Waffenruhe im Jemen nicht verlängert wird.
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