Corona-Friedenstagebuch - 3. April 2020
Corona-Friedenstagebuch (1): Mehr Geld für medizinische Versorgung - eine Frage der Priorität
Das Coronavirus hat unseren Alltag auf den Kopf gestellt. Genau wie vermutlich auch Sie mussten wir - das Team von Ohne Rüstung Leben - uns auf die neue Situation einstellen. Größtenteils arbeiten wir von zu Hause aus. Unsere Geschäftsstelle ist aber weiterhin besetzt und freut sich über Ihre Bestellungen und Anfragen!
In den letzten Wochen haben wir uns gefragt, was die neue Situation für unsere Arbeit bedeutet. Immer mehr fiel uns dabei auf: Das Thema "Frieden" findet zwar aktuell kaum Aufmerksamkeit, doch die Corona-Pandemie und unser Umgang damit hat ganz konkrete Auswirkungen auf friedenspolitische Themen.
Schauen Sie mit uns genauer hin! Jeden Freitag betrachten wir einen anderen Aspekt der Corona-Krise aus friedenspolitischer Perspektive und laden Sie ein, unsere Gedanken und Impulse mitzudenken und zu teilen.
Corona-Friedenstagebuch (1): Mehr Geld für medizinische Versorgung - eine Frage der Priorität
Für den Ernstfall haben wir zu wenig medizinische Ausrüstung, zu wenige Intensivbetten, zu wenige Beatmungsgeräte und - vor allem - viel zu wenige, oft schlecht bezahlte Krankenpflegerinnen und -pfleger. Diese Meldungen bestimmten in den letzten Wochen die Nachrichten, egal ob es um die USA, Großbritannien, Italien, Frankreich oder zum Teil auch um Deutschland ging.
Ein Gesundheitssystem, das Ausnahmesituationen wie eine SARS-Pandemie bewältigen kann, kostet Geld. Viel Geld. In der aktuellen Situation scheint es uns unverständlich, dass in den letzten Jahren an der medizinischen Versorgung gespart wurde - andernorts noch viel mehr als in Deutschland. Doch die Politik verfolgte oft andere Prioritäten.
Was würde es bedeuten, wenn wir diese Prioritäten ändern?
Ein Beispiel dafür hat die Internationale Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (ICAN) durchgerechnet: Was, wenn die Atommächte Frankreich, Großbritannien und USA nicht in ihre nuklearen Arsenale, sondern in die medizinische Versorgung investieren würden? Dabei geht es immerhin um Milliardensummen für neue Waffensysteme und die Wartung und Unterhaltung der bestehenden Arsenale.
Vergleichszahlen für Frankreich und Großbritannien
Laut der Berechnungen von ICAN investiert Frankreich derzeit etwa 4,5 Milliarden Euro pro Jahr in seine Atomwaffen. Mit diesem Etat könnten 100.000 Intensivbetten und 10.000 Beatmungsgeräte beschafft, sowie 20.000 Krankenpflegerinnen oder -pfleger und 10.000 Ärztinnen oder Ärzte ein Jahr lang bezahlt werden. Noch viel größer könnten die Anschaffungen in Großbritannien ausfallen, würde das Land seine jährlichen Ausgaben für Nuklearwaffen in Höhe von 7,2 Milliarden Pfund in den Nationalen Gesundheitsdienst NHS investieren.
USA: 35 Milliarden jährlich für Atomwaffen
In den USA, wo sich vor allem in New York derzeit ein erschreckend überfordertes Gesundheitssystem offenbart, fehlen Berichten zufolge bis zu 70.000 Beatmungsgeräte. Gleichzeitig investiert das Land derzeit unvorstellbare 35,1 Milliarden US-Dollar pro Jahr in seine Atomwaffen. Das entspräche beispielsweise 300.000 Intensivbetten, 35.000 Beatmungsgeräten und mehr als 200.000 medizinischen Fachkräften.
Bisherige Prioritäten hinterfragen
In den vergangenen Jahren - das zeigt sich nun auf erschreckende Weise - haben viele Regierungen nicht ausreichend in die Sicherung der Gesundheit ihrer Bevölkerung investiert, gleichzeitig aber Milliardensummen für die Wartung von Waffensystemen ausgegeben, die binnen weniger Sekunden hunderttausende Menschen töten.
Deutschland plant übrigens weiterhin, neue Trägerflugzeuge für die US-Atomwaffen in Büchel zu beschaffen. Die geschätzten Kosten für die 30 Kampfflugzeuge vom Typ F/A-18 belaufen sich laut der "Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges" (IPPNW) auf rund 7,4 Milliarden Euro.
Wir finden: Aus der Corona-Pandemie zu lernen muss auch heißen, neue Prioritäten zu setzen.
Alle Folgen unseres Corona-Friedenstagebuches finden Sie zukünftig hier
Mehr Informationen
Die Berechnungen von ICAN für Frankreich, Großbritannien (UK) und die USA im Überblick:
Zum Vergrößern klicken! Grafiken: © ICAN
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