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Corona-Friedenstagebuch - 8. Mai 2020

Corona-Friedenstagebuch (6): Mit privaten Schusswaffen gegen die Pandemie?

Corona-Friedenstagebuch von Ohne Rüstung Leben

 

Das Thema "Frieden" findet zwar aktuell kaum Aufmerksamkeit, doch die Corona-Pandemie und unser Umgang damit hat ganz konkrete Auswirkungen auf friedenspolitische Themen.

Jeden Freitag betrachten wir einen anderen Aspekt der Corona-Krise aus friedenspolitischer Perspektive und laden Sie ein, unsere Gedanken und Impulse mitzudenken und zu teilen.


 

Corona-Friedenstagebuch (6): Mit privaten Schusswaffen gegen die Pandemie?

Während sich Menschen angesichts der Beschränkungen durch die Corona-Pandemie vielerorts mit Mehl, Nudeln und Toilettenpapier eingedeckt haben, steht in den USA ein weiteres Produkt hoch im Kurs: Schusswaffen und die zugehörige Munition.

Laut Schätzungen des "Small Arms Survey" waren in den USA im Jahr 2017 mehr als 393 Millionen Schusswaffen im legalen oder illegalen Privatbesitz. Damit kommen auf 100 Einwohnerinnen und Einwohner rund 120,5 Waffen. Während die US-Amerikanerinnen und -Amerikaner gut vier Prozent der Weltbevölkerung ausmachen, sind über 40 Prozent des weltweiten zivilen Waffenbesitzes in ihren Händen.


Waffengeschäfte auf historischem Hoch

In der Corona-Krise erleben Waffengeschäfte in den USA nun ein historisches Verkaufshoch. Schätzungen sprechen von 2 bis 2,5 Millionen Waffen, die allein im März gekauft wurden.

Diese Schätzungen leiten sich aus Daten des FBI über die durchgeführten "Background Checks" ab, die in vielen US-Bundesstaaten unter anderem nötig sind, bevor man eine Waffe kaufen kann. Die Zahl der "Checks" gibt nicht die exakten Verkaufszahlen wieder, lässt jedoch Rückschlüsse darauf zu.

Grund für das Verkaufshoch dürfte die Angst vor Folgen der Corona-Pandemie sein. "Die Menschen sind nervös und fürchten zivile Unruhen, wenn eine große Zahl von Menschen krank ist und viele Einrichtungen nicht normal funktionieren", sagt Timothy Lytton, Waffenexperte und Professor an der Georgia State University der New York Times. Es bestehe möglicherweise die Angst, sich selbst schützen zu müssen.


Die Waffenlobby schürt die Sorgen

Und diese Sorge wird befeuert - beispielsweise von der "National Rifle Association" (NRA), einer der bekanntesten Waffenlobby-Organisationen weltweit. In einem Werbevideo der NRA erklärt eine Frau, die sich selbst zur Corona- Risikogruppe zählt, sie wisse wie schnell die Gesellschaft während einer Krise zerbricht.

Mit einem Gewehr in der Hand stellt sie jenen Politikerinnen und Politikern, die den Waffenkauf stärker beschränken wollen, eine Frage: "Wollen Sie wirklich jemanden wie mich, eine Frau mit Behinderung, zurücklassen, ohne jegliche Möglichkeit mich in einer der unsichersten Zeiten unseres Lebens zu verteidigen?"


Vorfälle mit Schusswaffen aus Angst vor Corona

Doch es ist mehr als fraglich, ob privater Waffenbesitz wirklich die Verletzlichsten schützt oder nicht vielmehr Egoismus, Misstrauen und das Recht des Stärkeren befördert. Die Organisation "Everytown for Gun Safety" warnt, dass mehr Schusswaffen in Familienhaushalten das Risiko für Todesfälle aufgrund von häuslicher Gewalt und Unfällen mit Kindern erhöhen kann.

Wie die New York Times berichtet, sind zudem bereits mehrere Vorfälle mit Schusswaffen auf die Angst rund um das Corona-Virus zurückzuführen. So wurde beispielsweise ein Mann verhaftet, der eine Waffe auf zwei Frauen mit Schutzmaske und Handschuhen richtete, da er befürchtete, sich anzustecken.

Im Bundesstaat Michigan wurde laut CNN ein Wachmann erschossen, weil er Kunden ohne Schutzmaske davon abhalten wollte, einen Einkaufsmarkt zu betreten. Im selben Staat waren zuvor bereits bewaffnete Demonstranten ins Parlament eingedrungen.

Aufrüstung nährt Misstrauen und Angst

Schlagzeilen über die Waffenkäufe in den USA wirken bei uns auf die breite Bevölkerung oft befremdlich und irrational. Es scheint offensichtlich, dass Schusswaffen nicht helfen, um uns gegen einen Virus und seine Folgen zu schützen.

Doch steckt hinter den privaten Waffenkäufen in den USA nicht der gleiche Glaube wie hinter einer Politik, die - auch in Deutschland - weiterhin der Meinung ist, Konflikten und Herausforderungen mit militärischer Aufrüstung entgegentreten zu können?

Wir finden: Der Run auf Schusswaffen während der Corona-Krise in den USA hält uns einen Spiegel vor: Aufrüstung bietet keinen Schutz, sondern nährt Misstrauen und Angst. Im Großen wie im Kleinen.

 

Alle Folgen unseres Corona-Friedenstagebuches finden Sie hier

 

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