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Nachrichten - 12. September 2017

Martin Schulz will keine Atomwaffen in Europa ...

Walhlakat des SPD-Kandidaten Martin Schulz

... aber zum Atomwaffenverbotsvertrag der Vereinten Nationen will er sich auch nicht so richtig bekennen. Zumindest bekommt man diesen Eindruck, wenn man die Reaktion des SPD-Parteivorstandes auf einen Offenen Brief von Roland Blach liest. Der hatte den Kanzlerkandidaten im Namen der Kampagne "Büchel ist überall! atomwaffenfrei.jetzt" beglückwünscht.


Was Martin Schulz am 22. August in Trier zu Protokoll gab, war mindestens bemerkenswert: "Ich werde mich als Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland dafür einsetzen, dass in Deutschland gelagerte Atomwaffen ... abgezogen werden", sagte er. Und: "Der Nordkorea-Konflikt weist mehr denn je darauf hin, dass Rüstungsbegrenzung und insbesondere nukleare Abrüstung dringend erforderlich sind, mehr als je zuvor."

Das hat doch eine Ermutigung verdient, dachte sich Roland Blach. Also verfasste der Koordinator der Kampagne "Büchel ist überall! atomwaffenfrei.jetzt" einen Offenen Brief [PDF-Download], um Martin Schulz in seiner Einschätzung zu bestärkten. Weil der Kanzlerkandidat jedoch weiterhin jener SPD angehört, für deren Außenminister ein UN-Atomwaffenverbotsvertrag "wenig Sinn" macht, beließ es Blach nicht bei Glückwünschen.


71 Prozent der Deutschen für Atomwaffenverbot

"Angesichts der bedrohlichen Weltlage sollten Sie Ihre Forderungen aus unserer Sicht nicht auf die Atomwaffen in Deutschland beschränken. Wir freuen uns, wenn Sie sich auch dafür einsetzen, dass Deutschland den internationalen Verbotsvertrag von Atomwaffen unterzeichnet und ratifiziert", schrieb Blach weiter. Laut einer aktuellen Umfrage sind ganze 71 Prozent der Bundesbürger der Meinung, dass Deutschland diesem Verbotsvertrag beitreten sollte.

Wäre das nicht ein guter Anlass für Martin Schulz, sich von Bundeskanzlerin Merkel abzugrenzen? Immerhin hatte deren Regierung die Verbotsverhandlungen boykottiert. (Und immerhin verweigert sie sich seit 2010 einer fraktionsübergreifenden Forderung des Bundestages, sich "mit Nachdruck für den Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland einzusetzen".). Die Gelegenheit scheint Schulz aber nicht so richtig nutzen zu wollen.


Das klare Bekenntnis bleibt aus

"Eine Welt ohne Atom- und Massenvernichtungswaffen bleibt unser Ziel. Wir unterstützen, dass sich große Teile der internationalen Staatengemeinschaft für die weltweite Abschaffung dieser Waffen einsetzen", schreibt der SPD-Parteivorstand in seiner Antwort. "Wir ... setzen uns nachdrücklich dafür ein, dass im Rahmen eines gesamteuropäischen Abrüstungsvertrags die verbliebenen taktischen Atomwaffen aus Deutschland und Europa abgezogen werden."

Ein klares Bekenntnis zum Atomwaffenverbotsvertrag ist das nicht. Im Gegenteil, der Autor im Willy-Brandt-Haus hat sich scheinbar sogar große Mühe gegeben, den Vertrag nicht konkret zu nennen. Dennoch haben Atomwaffen - und damit ein zentrales friedenspolitisches Thema der kommenden Legislaturperiode - im Wahlkampf endlich einen angemessenen Stellenwert erhalten. Und zumindest das ist auch der Verdienst von Martin Schulz.


Wir werden weiter daran arbeiten, die neue Bundesregierung zur Ratifizierung des Atomwaffenverbotes zu bewegen.


 

Offener Brief der Kampagne "Büchel ist überall! atomwaffenfrei.jetzt" [PDF-Download]

 

Die Antwort des SPD-Parteivorstandes im Wortlaut:


Sehr geehrter Herr Blach,

vielen Dank ... für den Zuspruch zu Martin Schulz` Forderung nach einem Abzug der Atomwaffen aus Deutschland. Wir sind immer für konstruktive Rückmeldungen zu unseren Veranstaltungen dankbar.

Martin Schulz hat sich in Trier klar positioniert und auch in unserem Regierungsprogramm nehmen eine entschlossene Position gegen Atomwaffen in Deutschland ein. Wir setzen uns entschlossen für die weltweite vertragsgestützte Abrüstung von Atomwaffen, chemischen und biologischen Massenvernichtungswaffen sowie konventioneller Rüstung ein. Den drohenden Zerfall der bestehenden Regime für Rüstungskontrolle und Abrüstung wollen wir verhindern. Eine Welt ohne Atom- und Massenvernichtungswaffen bleibt unser Ziel. Wir unterstützen, dass sich große Teile der internationalen Staatengemeinschaft für die weltweite Abschaffung dieser Waffen einsetzen.

Mit aller Entschiedenheit wenden wir uns gegen verantwortungslose Gedankenspiele über die Schaffung einer europäischen Atomwaffenmacht oder gar eine atomare Bewaffnung Deutschlands. Solche Überlegungen dienen nicht dem Frieden, sondern sie untergraben Grundelemente deutscher und europäischer Sicherheit! Deutschland hat sich im Zwei-plus-Vier-Vertrag und im Nichtverbreitungsvertrag (NVV) völkerrechtlich zum ausdrücklichen Verzicht auf Massenvernichtungswaffen verpflichtet.

Allerdings erleben wir derzeit weltweit und auch in Europa einen anderen Trend: den zur Aufrüstung im nuklearen wie im nichtnuklearen Bereich. Wir unterstützen daher regionale Initiativen für Zonen, die frei von Massenvernichtungswaffen sind, und setzen uns nachdrücklich dafür ein, dass im Rahmen eines gesamteuropäischen Abrüstungsvertrags die verbliebenen taktischen Atomwaffen aus Deutschland und Europa abgezogen werden.

...

Mit freundlichen Grüßen aus dem Willy-Brandt-Haus

 

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Kampagne "Büchel ist überall! atomwaffenfrei.jetzt"


Ohne Rüstung Leben ist Mitglied im Trägerkreis der Kampagne "Büchel ist überall! atomwaffenfrei.jetzt":

atomwaffenfrei.de

Die Vereinten Nationen haben einen Atomwaffenverbotsvertrag ausgehandelt und durch die insgesamt 122 teilnehmenden Staaten verabschiedet. Im September 2017 wird der Vertrag zur Ratifizierung freigegeben.

Auf unserer Themenseite finden Sie alle bisherigen Meldungen und aktuellen Nachrichten zu den Atomwaffen-Verbotsverhandlungen.

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