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Nachrichten - 9. Juli 2018

Ökumenischer Aktionstag in Büchel fordert einen Abzug der Atomwaffen

Ökmuenischer Gottesdienst gegen Atomwaffen am 7.7.2018 vor dem Fliegerhorst Büchel

Rund 600 Menschen - und damit so viele wie schon lange nicht mehr - sind am Samstag zum Luftwaffenstützpunkt Büchel in der Eifel gekommen, um einen ökumenischen Gottesdienst zu feiern. Am 7. Juli 2018, genau ein Jahr nachdem die UN den Atomwaffenverbotsvertrag beschlossen hatte, traten sie gemeinsam für eine atomwaffenfreie Welt ein.


Büchel ist gar nicht so einfach zu finden. Von Koblenz aus führt uns die Autobahn knapp 30 Kilometer in die Eifel hinein. Die letzten zehn Minuten windet sich die Landstraße hinauf, zwischen kleinen Wäldern und abgeernteten Kornfeldern, die in der heißen Julisonne flimmern. Und dann liegt er plötzlich vor uns. Zuerst der Kreisverkehr, dann das Haupttor zum Fliegerhorst. Davor unübersehbar ein großes Transparent: "Atomwaffenfrei.jetzt!".


Um zwei Minuten vor Zwölf geht es los

Der Flugplatz liegt still da. Die diensthabenden Wachen der Bundeswehr haben sich mit ihren schweren Gewehren in den Schatten unter einem Baum zurückgezogen. Auf der Wiese vor dem Zaun jedoch herrscht Leben: Nach und nach kommen die fast 600 Menschen in Bussen aus allen Richtungen an, begrüßen sich, nehmen Platz. Um zwei Minuten vor Zwölf - in symbolischer Erinnerung an den Stand der Weltuntergangsuhr - beginnt der ökumenische Gottesdienst.

Es ist ein beeindruckender Moment, als die bunte Menschenmenge das erste Lied anstimmt. Geistliche der katholischen und evangelischen Kirche führen gemeinsam durch den Gottesdienst, bitten um Frieden und geißeln die Atomwaffen, die nur wenige Meter entfernt in unterirdischen Bunkern liegen. Renke Brahms, der Friedensbeauftragte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), thematisiert in seiner Predigt die Frage, ob es nicht naiv sei, auf atomare Abrüstung zu hoffen.


Wie naiv ist das denn?

"Ich höre schon die Stimmen, die sagen: 'Wie naiv ist das denn? Es gibt doch nun einmal Feinde!'. Dann glaube ich aber immer noch mehr an Jesus Christus und sein 'Ich aber sage Euch!', als an das 'Ja, aber.' der vermeintlichen Realisten", so Brahms. "Wir sind nicht naiv. Wir wissen alle, wie hart der Weg des Friedens ist ... Alte Denkmuster zu überwinden ist schwer, aber es ist dran!", appelliert er an die Atomwaffenstaaten und die Bundesregierung.

Renke Brahms spricht von den vielen Beispielen, die es für gelingenden Frieden gibt: "Wer, wenn nicht wir, kann auf eine Geschichte zurückblicken, in der eine Versöhnung mit den Nachbarländern gelungen ist?" Mit diesen Worten, die Mut und Hoffnung spenden, geht die Menge in die Mittagszeit. Wer zum ersten Mal in Büchel ist, nutzt die Gelegenheit, geht an dem mit bunten Fahnen und Protestplakaten gesäumten Zaun entlang und sieht sich um.


Sachliche, menschenrechtliche und moralische Argumente

Auf dem Fliegerhorst Büchel sind noch etwa zwanzig US-Atombomben des Typs B61 stationiert. Jede davon entspricht gut 25 Hiroshima-Bomben. Die Pilotinnen und Piloten der Bundeswehr trainieren im Rahmen der nuklearen Teilhabe in der NATO ihren Einsatz und würden die Bomben im Kriegsfall auch abwerfen. Seit vielen Jahren fordern wir den Abzug dieser letzten Massenvernichtungswaffen aus Deutschland. Nun sollen sie jedoch sogar technisch aufgerüstet werden.

Dagegen sprechen sich viele der Rednerinnen und Redner am Nachmittag aus. Sie sind aus allen Altersgruppen und verschiedenster Herkunft, sprechen für unterschiedliche Organisationen - von ICAN bis zum Ökumenischen Rat der Kirchen - und bringen zahlreiche sachliche, menschenrechtliche und moralische Argumente für eine Abschaffung aller Atomwaffen an. Von einem Symbol der Macht zu einem Symbol der Schande sollten diese in der öffentlichen Wahrnehmung endlich werden, so fordern viele.


"Was hier gelebt wird, ist die Zukunft!"

Heino Falcke beispielsweise. Er ist zum ersten Mal in Büchel und sichtlich beeindruckt. Aus seiner reichen Erfahrung als Propst in Erfurt von 1973 bis 1994 berichtet er, wie eine vermeintliche Minderheit politische und gesellschaftliche Veränderungen bewirken kann. "Nicht das, was hinter diesem Zaun passiert, sondern was auf dieser Wiese gesagt und gelebt wird, das ist die Zukunft!", ruft Falcke den Menschen vor der Bühne zu.

Die zahlreichen evangelischen Landeskirchen, Friedenspfarrämter und Gemeinden, die katholische Friedensbewegung "Pax Christi" und die vielen Organisationen, die wie Ohne Rüstung Leben zu dem Gottesdienst eingeladen hatten, können mehr als zufrieden sein. Sie haben so viele Menschen wie schon lange nicht mehr nach Büchel geholt und damit ein Zeichen gesetzt. Im nächsten Jahr wollen noch mehr kommen.


Ein leichter Windhauch

Gegen 16:00 Uhr kehrt vorerst Ruhe ein in Büchel. Einer nach dem anderen fahren die Busse ab. Viele haben eine weite Heimfahrt vor sich. Die Schatten werden länger. Die Wachen der Bundeswehr sind nicht mehr zu sehen. Oben am Himmel genießt ein Segelflieger die Thermik. Ein leichter Windhauch weht über ausgetrocknete Stoppelfelder. Lautlos. Hinter schweren Bunkertoren warten zwanzig Bomben auf ihren Einsatz. Jede davon mächtig genug, eine ganze Stadt auszulöschen.


atomwaffenfrei.de

 

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Fotos vom Aktionstag


Horst-Peter Rauguth (Pax Christi) und Renke Brahms (EKD)

Der Ökumenische Gottesdienst in Büchel, Foto: © Ohne Rüstung Leben

Mittag vor dem Fliegerhorst Büchel

Blick über den Zaun auf das Gelände des Luftwaffenstützpunktes Büchel in der Eifel, Foto: © Ohne Rüstung Leben

Fotos: © Ohne Rüstung Leben

[Klicken Sie, um die Bilder zu vergrößern]

Die Vereinten Nationen haben einen Atomwaffenverbotsvertrag ausgehandelt und durch die insgesamt 122 teilnehmenden Staaten verabschiedet. Im September 2017 wurde der Vertrag zur Ratifizierung freigegeben.

Auf unserer Themenseite finden Sie alle Nachrichten zum Atomwaffenverbotsvertrag.

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