Kommentar - 19. Juni 2017
Rüstungsexportbericht 2016: "Deutsche Rüstungsexporte bleiben tödlich"
Pünktlich zum verlängerten Wochenende in vielen Bundesländern hat das Bundeskabinett vergangenen Mittwoch den Rüstungsexportbericht für das Jahr 2016 gebilligt. Der Wert aller Einzelgenehmigungen sank zwar im Vergleich zu 2015, die Exporte von Kleinwaffen und Kriegswaffen nahmen jedoch stark zu. Dieser Trend setzte sich in den ersten vier Monaten 2017 fort.
Ein Kommentar von Paul Russmann zum aktuellen Rüstungsexportbericht:
"Rüstungsexporte können tödlich sein - diese Warnung ist dank unserer Kampagne breit im öffentlichen Bewusstsein verankert - auch wenn Mensch diesen plakativen Hinweis auf den gelieferten Waffen vergeblich sucht. Und dass deutsche Kriegswaffenexporte tödlich sind, zeigt der Krieg im Jemen, der Einsatz von "Heckler & Koch"-Gewehren in Mexiko oder der Kampf der türkischen Regierung gegen die Minderheit der Kurden im eigenen Land.
Keiner der nach deutschen Todeswaffen süchtigen Empfänger fragt beim Einsatz der Gerätschaft, wie es in Rüstungskreisen so harmlos heißt, beim Arzt oder Apotheker, sprich Außenminister Gabriel oder Wirtschaftsministerin Zypries nach, ob er die Bomben, Panzer oder Schusswaffen menschenrechtsgerecht und dem Endverbleib gemäß einsetzt.
Die Bundesregierung tut alles, um auch weiterhin den scheinbar unstillbaren Hunger vieler Regierungen nach neuen Panzern, Kampfflugzeugen und Kriegsschiffen zu befriedigen. Anders lassen sich die erneut hohen Rekordwerte deutscher Rüstungsexporte nicht erklären.
Die Beruhigungspillen an kritische Geister in Form von einigen Nichtlieferungen färben die Sichtweise der Bundesregierung zwar rosa ('wir haben die restriktivsten Rüstungsexportgesetze') - aber einen Beitrag zur Blutstillung liefert die Bundesregierung erst, wenn sie die Grenzen für Waffen, insbesondere in kriegführende und die Menschenrechte verletzende Staaten schließt."
Der Rüstungsexportbericht 2016 im Überblick:
- Der Wert der erteilten Einzelausfuhrgenehmigungen 2016 belief sich auf 6,85 Milliarden Euro (2015: 7,86). Dies ist der zweithöchste jemals gemessene Genehmigungswert.
- Rund 54 Prozent der Rüstungsexportgenehmigungen (3,69 Milliarden Euro) und mehr als 92 Prozent der Kriegswaffenausfuhren entfielen auf Drittländer außerhalb von EU und NATO, obwohl Exporte an solche Länder laut Bundesregierung [PDF-Download] nur in Ausnahmefällen genehmigt werden sollen.
- Unter den zehn größten Abnehmern sind Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Ägypten - drei der Länder, die im Jemen Krieg führen.
- Die Genehmigungen für den Export von Kleinwaffen sind im Vergleich zum Vorjahr um 47 Prozent auf rund 47 Millionen Euro gestiegen, darunter waren Exporte im Wert von 16,4 Millionen Euro an Drittländer.
- Der Gesamtwert aller Rüstungsexportgenehmigungen (Einzel- und Sammelausfuhr) belief sich auf 6,94 Milliarden Euro.
Erste Zahlen für Januar - April 2017:
- Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate haben im Jahr 2017 bislang - trotz des Krieges im Jemen - deutsche Rüstungsgüter im Wert von insgesamt 128,2 Millionen Euro beziehen können.
- Für die Türkei hat die Bundesregierung in den ersten vier Monaten des Jahres 2017 Rüstungsexportgenehmigungen im Wert von 21,9 Millionen Euro erteilt.
- 54,3% aller Rüstungsexportgenehmigungen entfielen im Zeitraum Januar bis April auf Drittländer.
- Der Export von Kleinwaffen in Drittländer hat sich im Zeitraum Januar bis April 2017 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum vervielfacht: von 51.597 Euro auf 7,8 Millionen Euro.
Quelle: Büro Jan van Aken, MdB.
Mehr Informationen
Rüstungsexportberichte auf der Seite des BMWI:
Rüstungsexportbericht 2016 [PDF-Download]
Rüstungsexport-Zwischenbericht 2017 [PDF-Download]
ausgewählte Presseberichte:
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Deutschlands doppelte Rüstungsmoral
"Ich habe den Rüstungsexportbericht gelesen. Er widert mich an."
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