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Nachrichten - 19. Februar 2019

Stellungnahme zum erwarteten Urteil im "Heckler & Koch"-Prozess

Aktion Aufschrei - Stoppt den Waffenhandel!
Foto: © Jens Volle

Am kommenden Donnerstag, den 21. Februar 2019, wird das Urteil im Gerichtsprozess gegen ehemalige Mitarbeitende des Waffenherstellers "Heckler & Koch" erwartet. Zahlreiche Nichtregierungsorganisationen - darunter die "Aktion Aufschrei - Stoppt den Waffenhandel!" und Ohne Rüstung Leben - nehmen aus diesem Anlass Stellung zum Prozessverlauf und dem erwarteten Urteil.


Rund zehn Monate nach Beginn der Hauptverhandlung vor dem Landgericht Stuttgart wird am kommenden Donnerstag, den 21. Februar 2019, das Urteil im Prozess gegen ehemalige Mitarbeitende des Waffenherstellers "Heckler & Koch" erwartet. Angestoßen wurde das Verfahren wegen illegaler Exporte von G 36-Sturmgewehren nach Mexiko durch Strafanzeigen des Rüstungsgegners Jürgen Grässlin - Vorsitzender des RüstungsInformationsBüros sowie DFG-VK-Bundessprecher - und seines Rechtsanwalts Holger Rothbauer.


Kleinwaffenhersteller musste erstmals Stellung beziehen

Alle unterzeichnenden Nichtregierungsorganisationen und Bündnisse begrüßen, dass der Kleinwaffenhersteller aus Oberndorf dadurch erstmals im Rahmen eines Gerichtsprozesses Stellung zu seiner skrupellosen Geschäftspraxis beziehen musste. Von 2006 bis 2009 sollen tausende Sturmgewehre vom Typ G 36, Maschinenpistolen sowie Zubehörteile in mexikanische Bundesstaaten gelangt sein, deren Menschenrechtslage so kritisch war, dass sie vom Auswärtigen Amt als nicht belieferungsfähig angesehen wurden.

"Heckler & Koch" wusste mutmaßlich von der Absicht, dass die Waffen an diese Bundesstaaten weitergeleitet werden sollten. Auf dem Papier wurde jedoch im Zusammenwirken mit den Genehmigungsbehörden ein scheinbar sauberes Geschäft vorgetäuscht. Die Genehmigungsbehörden erlaubten den Export der Sturmgewehre nach Mexiko auf Basis von sogenannten Endverbleibserklärungen. In diesen waren als Empfänger nur mexikanische Bundesstaaten aufgeführt, die als unproblematisch galten.


Nagelprobe für die Exportkontrolle

Eine der Kernfragen des Gerichtsverfahrens ist nun, ob diese Endverbleibserklärungen überhaupt Teil der Genehmigung sind und ob damit ein Export an die als nicht belieferungsfähig bewerteten Bundesstaaten rechtlich explizit ausgeschlossen wurde. Der Vorsitzende Richter äußerte im Verlauf des Prozesses mehrmals Zweifel daran. Damit wird das Urteil im "Heckler & Koch"-Prozess zur Nagelprobe für die gesamte deutsche Rüstungsexportkontrolle.

Bislang wird von Seiten der Bundesregierung stets argumentiert, Endverbleibserklärungen seien Teil einer Rüstungsexportgenehmigung und könnten sicherstellen, dass aus Deutschland exportierte Waffen nicht an unerwünschte Empfänger weitergegeben würden. Der Angriff von Polizeikräften und weiteren bewaffneten Gruppen auf Studenten der Lehramtsuniversität Ayotzinapa im September 2014 im mexikanischen Iguala, Bundesstaat Guerrero, ist einer der tragischen Fälle, die das Gegenteil zeigen.


Grundlegende Reform gefordert

Bei dem Angriff wurden nachweislich auch G 36-Gewehre eingesetzt, die gemäß der offiziellen Genehmigungen nicht in Guerrero sein durften. Besonders beunruhigend dabei: Ein solches Risiko wird im für die Rüstungsexportkontrolle federführenden Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) anscheinend ganz bewusst eingegangen. Ein als Zeuge vernommener Beamter des Ministeriums bestätigte mit den Worten "fort ist fort", was von uns bereits seit Jahren kritisiert wird: Nach dem Export von Waffen ist überhaupt keine Kontrolle mehr möglich.

Zudem betonte der Zeuge, man sei "das Ministerium für Wirtschaft" und suggerierte damit, im Zweifel nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten über Rüstungsexporte zu entscheiden. Ein beunruhigendes Selbstverständnis für eine Behörde, die in einem solch heiklen Bereich als federführendes Kontrollorgan fungieren soll. Der Prozess zeigt, dass ein "Weiter so" in der deutschen Rüstungsexportkontrolle nicht haltbar ist. Es bedarf einer grundlegenden Reform der Kleinwaffenexportpraxis und eines Rüstungsexport-Kontrollgesetzes.


Frage nach Mitverantwortung nicht behandelt

Anlässlich des erwarteten Urteils im "Heckler & Koch"-Prozess betonen die stellungnehmenden Nichtregierungsorganisationen, dass Mexiko nie mit deutschen Waffen hätte beliefert werden dürfen: Schon damals war das Land geprägt von Gewalt, Menschenrechtsverletzungen, Korruption und Straflosigkeit. Sie kritisieren zudem aufs Schärfste, dass die Frage nach einer Mitverantwortung der Genehmigungsbehörden im Prozess nicht behandelt und die Opfer der illegalen Exportpraxis zu keinem Zeitpunkt berücksichtigt wurden.

Die vom ECCHR beantragte Akteneinsicht im Hinblick auf die Zulassung einer Nebenklage von Angehörigen des Studenten Aldo Gutiérrez aus Ayotzinapa, der bis heute im Koma liegt, wurde vom Gericht nicht zugelassen. Wegen des fehlenden Unternehmensstrafrechts in Deutschland war es zudem nicht möglich, "Heckler & Koch" selbst direkt in die strafrechtliche Verantwortung zu nehmen. Das Unternehmen ist jedoch als Drittbegünstigter im Verfahren vertreten, da es von mutmaßlichen Straftaten der Mitarbeitenden profitieren konnte.


Bußgeld soll Menschenrechtsarbeit zu Gute kommen

Sofern das Gericht der Argumentation der Staatsanwaltschaft folgt, muss "Heckler & Koch" den Bruttokaufpreis der Waffen, die in die nicht belieferungsfähigen Bundesstaaten gelangten, als Strafzahlung leisten. Diese würde sich auf eine Höhe von bis zu 4,1 Millionen Euro belaufen. Im Falle einer Strafzahlung durch das Unternehmen sowie Bußgeldauflagen für Angeklagte fordern die Nichtregierungsorganisationen, das Geld der Menschenrechtsarbeit in Mexiko zu Gute kommen zu lassen. Zudem fordern sie die Firma auf, einen Fonds zugunsten der Opfer des "Heckler & Koch"-Waffeneinsatzes zu gründen.

Das begangene Unrecht kann nicht wieder gut gemacht werden, aber es geht um die Anerkennung von massiver Mitverantwortung - sowohl der Firma "Heckler & Koch" als auch der deutschen Genehmigungsbehörden. Wir fühlen uns den Opfern der skrupellosen Geschäftspraxis sowie der skandalösen Exportpolitik und ihren Angehörigen verbunden und rufen für den 21. Februar 2019 vor Beginn der Urteilsverkündung zu einer Mahnwache vor dem Stuttgarter Landgericht auf (Olgastraße 2, 70182 Stuttgart, 8:30 bis 9:15 Uhr).


Eine Stellungnahme der "Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel!", des Dachverband Kritische Aktionäre, der Deutschen Menschenrechtskoordination Mexiko, des DFG-VK Bundesverbandes, des European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) sowie von GLOBAL NET – STOP THE ARMS TRADE, Ohne Rüstung Leben, pax christi und dem RüstungsInformationsBüro.

 

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In Mexiko herrscht ein blutiger Drogenkrieg. Die Polizei ist in einigen Regionen von organisierter Kriminalität unterwandert. Weltweite Beachtung fanden 43 Studenten, die der Praxis des "Verschwindenlassens" zum Opfer fielen. Deutsche Waffen von "Heckler & Koch" und "Sig Sauer" tauchen immer wieder in Mexiko auf - auch dort, wo sie nie sein durften.

Auf unserer Themenseite finden Sie alle aktuellen Nachrichten zu deutschen Rüstungsexporten nach Mexiko.

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