Ohne Rüstung Leben e.V.
Frieden politisch entwickeln

Nachrichten - 26. September 2023

So könnten Verhandlungen im Ukraine-Krieg aussehen

Grafik: Ohne Rüstung Leben, Cover: © Inclusive Peace

Wie können Verhandlungen im Ukraine-Krieg gelingen? Wann ist der richtige Zeitpunkt für Friedensgespräche? Und wie sollten sie vorbereitet werden? Fundierte Ideen und Optionen hierfür liefert eine neue Studie des Forschungsinstitutes "Inclusive Peace". Wir fassen die wichtigsten Aussagen zusammen.

 

Was hat die Studie von "Inclusive Peace" untersucht?

"Inclusive Peace" ist ein Forschungsinstitut mit Sitz in Genf. Die Forscherinnen und Forscher haben das Ziel, Friedens- und Reformprozesse durch evidenzbasierte Beratung zu unterstützen. Nun haben sie die Studie "Negotiating an End to the War in Ukraine" veröffentlicht (deutscher Titel: "Verhandlungen über ein Ende des Krieges in der Ukraine: Ideen und Optionen zur Vorbereitung und Gestaltung eines Verhandlungsprozesses").

Für die Studie haben die Forscherinnen und Forscher zurückliegende Konflikte untersucht und ermittelt, dass 68 Prozent aller zwischenstaatlichen Konflikte zwischen 1800 und 1980 durch Verhandlungen beendet wurden. Hieraus lassen sich Erkenntnisse für den Ukraine-Krieg ableiten. Die Studie geht bewusst nicht auf mögliche Inhalte und Ergebnisse von Verhandlungen ein - diese zu bestimmen ist Aufgabe der Konfiktparteien. Sie zeigt vielmehr, wie und wann Verhandlungen beginnen und wie verschiedene Akteure sich darauf vorbereiten könnten.

 

Unter welchen Umständen sind Verhandlungen möglich?

Laut der Untersuchung tragen zwei Kriterien maßgeblich dazu bei, dass Konfliktparteien sich auf Verhandlungen einlassen

  • das Gefühl, auf dem Schlachtfeld in einer aufreibenden Pattsituation zu sein und
  • die realistische Hoffnung auf eine akzeptable Verhandlungslösung.

Externe Schocks wie humanitäre Krisen aber auch Druck aus Zivilgesellschaft und Wirtschaft können diese Wahrnehmung maßgeblich beeinflussen.

Die Studie von "Inclusive Peace" betont zudem, dass Verhandlungen gut vorbereitet werden müssen. Dies kann bereits lange vor dem Zeitpunkt beginnen, zu dem die Konfliktparteien öffentlich in Verhandlungen einwilligen. Zur Vorbereitung gehören unter anderem die Ernennung von Kontaktgruppen oder Vermittlern, die Identifikation von Kernthemen und -akteuren für die Gespräche, Überlegungen zur Einbindung von Expertinnen, Experten sowie der Zivilgesellschaft und eine positive Veränderung des öffentlichen Diskurses über Verhandlungen.

 

Wann führen Friedensgespräche zu brauchbaren Ergebnissen?

Die Studie benennt drei Hauptfaktoren, die den Verlauf und Erfolg von Verhandlungen maßgeblich beeinflussen:

  • Die Verhandlungen werden durch die politischen, wirtschaftlichen und militärischen Führungseliten unterstützt,
  • die Verhandlungen finden Legitimität und Unterstützung in der Zivilbevölkerung und
  • die Verhandelnden haben ein Mindestmaß an Vertrauen in den Verhandlungsprozess und die Gegenseite.

Diese Faktoren, so betonen die Autorinnen und Autoren, zeigten auch, warum die Minsk-Verhandlungen in den Jahren 2014 und 2015 gescheitert sind. Beide Minsk-Abkommen seien für Russland, Deutschland und Frankreich vertretbar gewesen, hätten aber nicht die Interessen der ukrainischen Bevölkerung und Führung berücksichtigt. Daher hätten diese die Vereinbarungen nicht unterstützt, was zu einem weiteren Vertrauensverlust zwischen Kiew und Moskau führte.

 

Wie könnten Verhandlungen im Ukraine-Krieg aussehen?

"Inclusive Peace" schlägt vor, mögliche Verhandlungen im Ukraine-Krieg auf zwei bis drei getrennten Ebenen zu führen:

  • Bilaterale Gespräche zwischen der Ukraine und Russland wären demnach geeignet, um Bedingungen für einen Waffenstillstand und Friedensverhandlungen zu erörtern.
  • Gleichzeitig sollte eine größere Gruppe, die neben der Ukraine und Russland auch weitere Akteure beinhaltet, über eine neue eurasische Friedensarchitektur verhandeln.
  • Potenziell halten die Autorinnen und Autoren der Studie zudem einen dritten, innerstaatlichen Prozess für sinnvoll. Dieser sollte alle Bevölkerungsteile in der Ukraine gleichermaßen in den Wiederaufbau von Land und Gesellschaft einbinden.

An allen Verhandlungen sollten ausgewählte Dritte (Regierungen, zivilgesellschaftliche Akteure oder andere) mitwirken: Sie beobachten, geben Garantien ab oder dienen als unterstützende Kontaktgruppen und Vermittler.

 

Was bedeuten diese Erkenntnisse für die deutsche Politik?

Mehr als 50 Prozent der Deutschen sind laut einer aktuellen Umfrage der Meinung, dass die Bundesreigerung nicht genug dazu beiträgt, den Krieg in der Ukraine mit diplomatischen Mitteln beizulegen. Die Ergebnisse der "Inclusive Peace"-Studie sollten daher für die Politik ein wichtiger Maßstab sein: Sie zeigen, mit welchen Schritten sich Deutschland einbringen könnte, um Verhandlungen zu unterstützen.

Dazu gehören die vielfältigen Vorbereitungsmaßnahmen, die Gewinnung der politischen und gesellschaftlichen Eliten für Verhandlungen und - sobald es soweit ist - die Unterstützung von bilateralen Verhandlungen als Vermittler und Beobachter. Gleichzeitig sollte Deutschland breiter angelegte Verhandlungen über eine neue eurasische Friedensarchitektur fördern und sich daran beteiligen.

Ohne Rüstung Leben fordert die deutsche Bundesregierung auf, diese Erkenntnisse zu nutzen, um diplomatische Wege aus dem Krieg aufzuzeigen und vorzubereiten. Das bedeutet auch, öffentlich klarzustellen, dass Diplomatie und Dialog der einzige Weg zu nachhaltigem Frieden in der Ukraine sind!

 

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