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Nachrichten - 17. Oktober 2019 - UPDATE: 21. Oktober 2019

"Alle Waffenlieferungen in die Türkei ausnahmslos und umgehend stoppen!"

Aktion Aufschrei - Stoppt den Waffenhandel!
Foto: © Jens Volle

Seit einer Woche führt die Türkei einen Angriffskrieg in den kurdischen Gebieten Nordsyriens. Der Einmarsch hat scharfe Kritik und Bestürzung ausgelöst. Gleichzeitig ist die Türkei im ersten Halbjahr 2019 Hauptempfängerland deutscher Kriegswaffenexporte. Doch nun scheint die Bundesregierung zu handeln.


Der erneute türkische Einmarsch im Norden Syriens führt zu einer weiteren Eskalation in der fragilen Region. Hunderttausende Menschen fliehen vor den Angriffen, das UNO-Menschenrechtsbüro spricht von "verstörenden Berichten". Dabei kann kaum ein Zweifel bestehen, dass es sich bei den türkischen Angriffen auf Syrien um einen völkerrechtswidrigen Krieg handelt.

Auch die Bundesregierung kommt anscheinend zu diesem Ergebnis, drückt dieses jedoch diplomatischer aus. Sie könne "nach derzeitigem Stand nicht erkennen, dass die aktuelle Situation in Syrien eine gegen kurdische Gruppen gerichtete Militärintervention dort völkerrechtlich legitimieren würde." In einem Telefonat mit dem Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan verlangte die Bundeskanzlerin daher einen sofortigen Stopp der Militäroffensive.


Kurzsichtig und inkonsequent

Die Rüstungsexportpolitik der Bundesregierung stellt sich mit Blick auf die Türkei erneut als kurzsichtig und inkonsequent heraus. Denn trotz der fragwürdigen Außenpolitik der Regierung Erdoğan genehmigte Berlin im laufenden Jahr bislang deutlich mehr Rüstungsgeschäfte mit Ankara als in den Vorjahren. Mehr noch: Im ersten Halbjahr 2019 befand sich die Türkei sogar auf Platz eins der Empfängerländer tatsächlich ausgeführter deutscher Kriegswaffen!

Die Ankündigung des deutschen Außenministeriums, man werde "keine neuen Genehmigungen für alle Rüstungsgüter, die durch die Türkei in Syrien eingesetzt werden könnten, erteilen", wirkt vor diesem Hintergrund mehr als halbherzig. Denn genehmigte Exporte wären davon ebensowenig betroffen, wie etwa die Lieferung von Bauteilen für neue türkische U-Boote. An dem Großauftrag ist die deutsche "ThyssenKrupp Marine Systems" maßgeblich beteiligt.


Zeigt der öffentliche Druck Wirkung?

Die "Aktion Aufschrei - Stoppt den Waffenhandel!" forderte die Bundesregierung bereits in der vergangenen Woche auf, einen lückenlosen Exportstopp für alle Rüstungslieferungen an die Türkei zu verhängen. Aufschrei-Sprecher Jürgen Grässlin sagte: "Wer Krieg führt oder die Menschenrechte verletzt, darf gemäß dem 'Gemeinsamen Standpunkt für die Kontrolle der Ausfuhr von Militärtechnologie und Militärgütern' keine Kriegswaffen eines EU-Landes erhalten - auch nicht aus Deutschland."

Medienberichten zufolge zeigt der öffentliche Druck jetzt vielleicht Wirkung. In ihrer Regierungserklärung am heutigen Donnerstag soll Bundeskanzlerin Angela Merkel versichert haben, die Bundesregierung werde "unter den jetzigen Bedingungen ... keine Waffen an die Türkei liefern." Nimmt man die Kanzlerin beim Wort, muss das bedeuten, dass Deutschland bis auf weiteres alle Exporte und auch bereits genehmigte Geschäfte stoppt. Eine Bestätigung dafür steht jedoch aus.

 

UPDATE (21. Oktober 2019):

Staatssekretär Ulrich Nußbaum aus dem Wirtschaftsministerium stellte die Aussage von Bundeskanzlerin Angela Merkel mittlerweile klar: "Die Bundesregierung erteilt keine neuen Genehmigungen für Rüstungsgüter, die durch die Türkei in Syrien eingesetzt werden könnten." Damit bleibt die Regierung bei ihrer unzureichenden Linie und die Kanzlerin hat sich zumindest sehr missverständlich ausgedrückt.


"Konsequente Taten müssen folgen"

Für Charlotte Kehne, Referentin für Rüstungsexportkontrolle bei Ohne Rüstung Leben und Sprecherin der "Aktion Aufschrei - Stoppt den Waffenhandel!" ist dies nicht akzeptabel: "Angesichts der abermaligen Eskalation der Lage in Nordsyrien sind die bisherigen Einschränkungen völlig unzureichend. Auf die Verurteilung der türkischen Offensive durch die deutsche Bundesregierung müssen konsequente Taten folgen. Alle Waffenlieferungen in die Türkei sind ausnahmslos und umgehend zu stoppen. Das muss zwingend auch für bereits genehmigte Rüstungsexporte gelten!"

 

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