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Nachrichten - 23. Mai 2023

G7-Gipfel in Hiroshima: Weit mehr als eine verpasste Chance!

Denkmal in Hiroshima

Die Gefahr eines Atomkrieges steigt. Die Welt steht vor einer neuen atomaren Aufrüstungswelle. Eine weitere Erosion der internationalen Rüstungskontrolle droht. Doch wer angesichts dieser bedrückenden Ausgangslage vom G7-Gipfel in Hiroshima ein deutliches Signal für atomare Abrüstung erwartet hatte, wurde bitter enttäuscht.


Schon am ersten Tag ihres Gipfels veröffentlichten die G7 unter dem hochtrabenden Titel "Vision von Hiroshima" ein uninspiriertes Papier zur nuklearen Abrüstung. Die Internationale Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (ICAN) fällte dazu ein klares Urteil. "Das ist mehr als eine verpasste Chance. Angesichts der akuten Gefahr, dass zum ersten Mal seit der Bombardierung von Hiroshima und Nagasaki wieder Atomwaffen eingesetzt werden könnten, ist dies ein grobes Versagen der globalen Führung", sagte ICAN-Exekutivdirektor Daniel Hogsta.

Tatsächlich verurteilen die G7 in ihrem Papier noch nicht einmal jede Drohung mit Atomwaffen. Damit bleiben sie hinter der Erklärung der G20-Staaten vom November 2022 zurück. Auf das obligatorische Bekenntnis zum fernen Ziel einer Welt ohne Atomwaffen folgen in der Erklärung der G7 in erster Linie Verurteilungen und Forderungen an die Adressen von Russland, China, Nordkorea und Iran. Diese sind absolut gerechtfertigt - doch bloßes Fingerzeigen ist kein hilfreicher Beitrag zur nuklearen Abrüstung.


Keine angemessenen Schlüsse gezogen

Drei der G7-Staaten besitzen eigene Atomwaffen, in zwei weiteren sind US-Atomwaffen stationiert - sie hätten also alle Möglichkeiten, selbst mit gutem Beispiel voranzugehen. Mit diesem Wissen erscheint das Papier stellenweise unfreiwillig komisch. So fordern die G7-Staaten tatsächlich von China und Russland, "sich entsprechend ihrer Verpflichtungen aus dem NVV, unter anderem aus Artikel 6, maßgeblich in einschlägigen multilateralen und bilateralen Foren einzubringen". Artikel 6 des NVV ist jene Abrüstungsverpflichtung, die von allen Atomwaffenstaaten seit Jahrzehnten bewusst ignoriert wird!

Zwar hatte die US-Administration schon vor dem Gipfel klargestellt, dass sich Präsident Joe Biden nicht für die Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki entschuldigen werde. Dennoch muss es den Überlebenden, den Hibakusha, wie Hohn erscheinen, dass die G7 nun "Menschen aus aller Welt" ermutigen, Hiroshima und Nagasaki zu besuchen, gleichzeitig jedoch selbst keine angemessenen Schlüsse aus ihrem Besuch ziehen.


Humanitäre Folgen nicht thematisiert

Gegenüber der sehr interessierten japanischen und internationalen Presse äußerte sich Setsuko Thurlow, Hibakusha und ICAN-Aktivistin, empört darüber, dass die Staats- und Regierungschefs nicht auf die katastrophalen humanitären Folgen von Atomwaffen eingingen. Die Erklärung der G7 bestehe nur aus Aspekten, die bereits in der Vergangenheit diskutiert wurden.

Dass sie die Gelegenheit hatten, Überlebende zu treffen, das Friedensmuseum zu besuchen und nachzudenken, habe offenbar gar keine Wirkung gezeigt. Auch der Atomwaffenverbotsvertrag werde mit keinem Wort erwähnt, kritisierte Thurlow. So biete der G7-Gipfel keine Impulse für eine atomwaffenfreie Welt.


Inspirierendes Statement der Jugend

Dass von Hiroshima dennoch wichtige Signale für Frieden und Abrüstung ausgingen, ist der Zivilgesellschaft zu verdanken. Nach einem erfüllenden und produktiven "Hiroshima G7 Youth Summit" stellten die jungen Delegierten bereits am 27. April 2023 ihre gemeinsame Stellungnahme vor. Damit richteten sie eine deutliche Botschaft an die G7 und unterstrichen ihre Unterstützung für den Atomwaffenverbotsvertrag und seine Ziele.

"Unsere Generation hat das Recht, über die Zukunft zu entscheiden, die sie erbt, und wir sind fest entschlossen, eine gerechtere, ausgewogenere und nachhaltigere Welt zu schaffen - eine Welt, die frei ist vom Schrecken der Atomwaffen", betonten die jungen Menschen.


ICAN-Partner fordern Ende jeder nuklearen Teilhabe

Auch ICAN-Partnerorganisationen in allen G7-Staaten trugen Forderungen und Kritik in die Öffentlichkeit. Mit einem Offenen Brief hatten etwa die deutschen ICAN-Partnerorganisationen ihre Erwartungen an Bundeskanzler Scholz gesendet: Er solle sich dafür einsetzen, dass die G7 den Einsatz und die Androhung des Einsatzes von Atomwaffen für unzulässig erklären und die furchtbaren humanitären Konsequenzen für Mensch und Umwelt anerkennen, die durch Tests und Einsätze von Atomwaffen entstehen.

Zudem forderten wir, jede Stationierung von Atomwaffen auf dem Territorium anderer Staaten zu beenden - dazu gehört die nukleare Teilhabe in der NATO ebenso wie die laufende Stationierung russischer Atomwaffen in Belarus. Dass die G7 dazu keine klaren Worte fanden, zeigt, wie wenig von ihren Abrüstungsversprechen zu halten ist.


Die nächste Gelegenheit, sich ernsthaft und konstruktiv für nukleare Abrüstung einzusetzen, ist die Staatenkonferenz zum UN-Atomwaffenverbotsvertrag im November 2023 in New York. An den dortigen, zielführenden Verhandlungen sollten die G7-Regierungen mindestens als Beobachter teilnehmen.

 

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Die Vereinten Nationen haben einen Atomwaffenverbotsvertrag ausgehandelt und durch die insgesamt 122 teilnehmenden Staaten verabschiedet. Am 22. Januar 2021 trat der Vertrag in Kraft.

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