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Nachrichten - 2. März 2019

Überraschender Deal im "Sig Sauer"-Prozess hinterlässt bitteren Beigeschmack

Sig Sauer Pistole vom Typ SP2022
Mehr als 30.000 solcher SP2022 sollen nach Kolumbien geliefert worden sein. Foto: gemeinfrei

Im "Sig Sauer"-Prozess vor dem Landgericht Kiel gab es bereits am zweiten Prozesstag eine überraschende Wendung: Staatsanwaltschaft und Verteidigung haben sich auf einen Deal geeinigt, der den Angeklagten lange Haftstrafen ersparen könnte. Unterdessen zeigt ein aktuelles Dossier, dass die "Sig Sauer"-Pistolen in Kolumbien völlig außer Kontrolle sind.


Am 26. Februar 2019 begann vor dem Landgericht Kiel der "Sig Sauer"-Prozess wegen illegaler Waffenlieferungen nach Kolumbien. Zwei ehemalige Mitarbeiter des Kleinwaffenherstellers aus Eckernförde und der Manager der US-Schwester Sig Sauer, Inc. mit Sitz in Newington, New Hampshire sollen laut Anklage für die Lieferung von mehr als 47.000 Pistolen vom Typ SP2022 aus Deutschland in die USA verantwortlich sein.

Insgesamt 38.000 dieser Pistolen seien dann zwischen April 2009 und April 2011 über die US-Schwester nach Kolumbien weiterexportiert worden. Die vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) erteilten Genehmigungen schlossen jedoch eine solche weitere Ausfuhr nach Kolumbien aus. Die Angeklagten hätten somit gegen die Außenwirtschaftsverordnung verstoßen.


Überraschender Deal mit der Staatsanwaltschaft

Bereits am zweiten Verhandlungstag haben sich Staatsanwaltschaft und Verteidiger auf einen Deal verständigt, den der Vorsitzende Richter der 3. Großen Wirtschaftsstrafkammer am Landgericht Kiel am Mittwoch verkündete: Gegen die Garantie, mit Bewährungsstrafen bis zu einem Jahr und zehn Monaten sowie Geldstrafen bis zu 900.000 Euro davon zu kommen, sind die Angeklagten zu umfassenden Geständnissen bereit. Ohne den Deal hätten bei entsprechender Beweislage Haftstrafen von bis zu fünf Jahren im Raum gestanden.

Diese überraschende Wendung im Prozess hinterlässt einen bitteren Beigeschmack. Zwar ist nachvollziehbar, dass die Staatsanwaltschaft ein großes Interesse an Geständnissen der Angeklagten hat, die neue Erkenntnisse über die Rüstungsexportpraxis bei "Sig Sauer" ans Licht bringen könnten. Angesichts der Folgen der illegalen Lieferung von mehr als 38.000 Kleinwaffen in das Bürgerkriegsland Kolumbien sendet der Deal jedoch ein fatales Signal.


Deutsche Waffen in Kolumbien völlig außer Kontrolle

Ein im Auftrag von "terre des hommes" erstelltes Dossier zeigt, dass "Sig Sauer"-Pistolen, darunter die SP2022, in Kolumbien völlig außer Kontrolle sind: "Sie wurden illegal gehandelt und gerieten in die Hände illegaler bewaffneter Gruppen. Paramilitärs, Guerilla, Drogenkartelle, Kriminelle und auch Armeeangehörigen haben sie für Verbrechen verwendet, bei denen auch Minderjährige eingesetzt wurden", sagt Albert Recknagel von "terre des hommes".

Durch den Deal der Staatsanwaltschaft in Kiel besteht nun die Gefahr, dass sich der Gerichtsprozess verkürzt, die Öffentlichkeit wenig Einblicke in die Hintergründe des illegalen Waffengeschäfts erhält und das Leid der Betroffenen in Lateinamerika - die im Prozess ohnehin keine Rolle spielen - vergessen wird. Die Erkenntnisse aus den aktuellen Gerichtsverfahren gegen "Heckler & Koch" und "Sig Sauer" haben eines jedoch bereits jetzt eindrücklich bewiesen: Der Endverbleib von Kleinwaffen ist nicht kontrollierbar.

Wirklich verhindern, dass mit deutschen Kleinwaffen Menschenrechtsverletzungen und Gewalttaten begangen werden, kann nur ein Exportverbot für kleine und leichte Waffen.

 

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