Ohne Rüstung Leben e.V.
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Nachrichten, 11. Januar 2019

Illegale Waffenlieferungen nach Kolumbien: Im Februar 2019 beginnt der Sig-Sauer-Prozess

Eine Pistole von Sig Sauer und die Flagge von Kolumbien

Seit einer Strafanzeige der "Aktion Aufschrei - Stoppt den Waffenhandel!" im Jahr 2014 wird gegen den Kleinwaffenhersteller Sig Sauer ermittelt, im vergangenen Frühjahr erhob die Staatsanwaltschaft Kiel Anklage. Es geht um die illegale Lieferung von mehr als 30.000 Pistolen. Nun soll der Prozess in Kiel beginnen.


Die deutsche Rüstungsexportpolitik ist weiterhin inkonsequent, die Rüstungsexportkontrolle voller Lücken. Doch auch dank der jahrzehntelangen, gebündelten Arbeit friedenspolitischer NGOs wurden Mechanismen zur Begrenzung des Waffenexports eingeführt. Das schreiben Carlos A. Pérez Ricart und Lotta Ramhorst in ihrer aktuellen Expertise für das "Observatorium für europäische Rüstungsexporte nach Mexiko".


36.628 Pistolen für das Bürgerkriegsland

Die Zahl aus Deutschland exportierter Kleinwaffen sei deshalb von 2015 auf 2017 um mehr als die Hälfte gesunken (von 80.000 auf 33.000). In das Bürgerkriegsland Kolumbien durften deutsche Rüstungsunternehmen sogar schon seit 1993 nicht mehr liefern. Dennoch erhielt das Verteidigungministerium Kolumbiens in den Jahren von 2009 bis 2012 mindestens 36.628 Kleinwaffen vom deutschen Hersteller Sig Sauer. Einige Medien berichten gar von bis zu 100.000 Waffen: Pistolen Typ SP2022 und SSG 3000-Scharfschützengewehre.

Den Zuschlag für die Fertigung der Pistolen und Gewehre erhielt die US-Tochterfirma der L&O Sig Sauer Verwaltungs-GmbH aus Emsdetten. Schon seit einigen Jahren überträgt der Konzern große Teile der Produktion von Kleinwaffen an diese Tochter - die Sig Sauer, Inc. mit Sitz in Newington, New Hampshire. Die Vermutung liegt nahe, dass von dort aus auch an menschenrechtsverletzende Staaten und in Krisengebiete geliefert werden soll - ganz legal an der "strengen" deutschen Rüstungsexportkontrolle vorbei.


Strafanzeige der "Aktion Aufschrei - Stoppt den Waffenhandel!"

Für den lukrativen Auftrag aus Kolumbien, so schreiben Pérez Ricart und Ramhorst, kam der Ausbau der Waffenfabrik in New Hampshire jedoch zu spät. Die Beweislage deute daher darauf hin, dass die Sig Sauer-Pistolen zum größten Teil im deutschen Eckernförde produziert wurden. Die Bundesregierung stimmte einer Lieferung dieser Waffen an die Konzerntochter zu, allerdings unter der Auflage, dass sie in den USA verbleiben. Eine Lieferung nach Kolumbien wurde explizit untersagt.

Dennoch verdichteten sich im Juli 2014 Hinweise, die Pistolen und Gewehre seien nach Kolumbien weiterexportiert worden. Für die "Aktion Aufschrei - Stoppt den Waffenhandel!" erstatteten Jürgen Grässlin und Paul Russmann von Ohne Rüstung Leben daraufhin Strafanzeige. Während der anschließenden Ermittlungen wurde zeitweise gar ein generelles Exportverbot gegen Sig Sauer verhängt. Im April 2018 erhob die Staatsanwaltschaft Kiel Anklage gegen fünf Angestellte wegen Verstoßes gegen das Außenwirtschaftsgesetz.


Prozess soll am 26. Februar 2019 beginnen

Vergangenen Oktober folgte eine aufsehenerregende Festnahme: Ron Cohen, Geschäftsführer der US-Tochter von Sig Sauer, wurde bei seiner Einreise am Frankfurter Flughafen verhaftet und erst gegen eine Kaution von mehreren Millionen Euro wieder freigelassen. Einem Prozess sollte er sich nicht durch Flucht entziehen können. Im Dezember 2018 hat nun das Landgericht Kiel die Anklage gegen drei der Verdächtigen zur Hauptverhandlung zugelassen.

Sie werden sich für den Export von Waffen zwischen April 2009 und April 2011 verantworten müssen, die nach Kolumbien weiterveräußert wurden. Insbesondere wird zu klären sein, ob die deutschen Genehmigungsbehörden wissentlich über den wahren Bestimmungsort der Waffen getäuscht wurden. Wie das Gericht mitteilt, soll die Hauptverhandlung am 26. Februar 2019 beginnen und mehrere Wochen andauern. Wir werden kontinuierlich berichten.

 

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