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Nachrichten - 1. August 2017

Saudi-Arabiens Krieg im Jemen spielt Al-Qaida in die Hände

Das Zentrum von Riad, der Hauptstadt Saudi-Arabiens
Das Zentrum von Riad, der Hauptstadt Saudi-Arabiens. Foto: pixabay, Pixabay-Lizenz

Aus dem Jemen dringen immer neue Schreckensnachrichten zu uns. Je länger der Krieg anhält, desto unüberschaubarer wird die Lage. Saudi-Arabien ist offenbar dennoch gewillt, seine Militärintervention noch lange aufrecht zu halten. Nun zeigen neue Erkenntnisse: Der Krieg könnte das Gegenteil dessen bewirken, was das Königreich eigentlich will. Ein ausführlicher Überblick.


Dr. Guido Steinberg von der "Stiftung Wissenschaft und Politik" hat analysiert, wie sich der Konflikt im Jemen in den vergangenen Jahren entwickelt hat und seine Erkenntnisse im Artikel "Saudi-Arabiens Krieg im Jemen" veröffentlicht. Das Essay zeichnet das Bild einer gefährlichen Gemengelage aus unüberschaubaren Allianzen und Missverständnissen, in der alle Beteiligten brutal und ohne Rücksicht auf die Zivilbevölkerung ihre eigenen Interessen verfolgen.


Nachweislich gelogen

Die Konflikte, die zum Jemen-Krieg führten, reichen demnach bis in die 1960er Jahre zurück. Seit dieser Zeit fordert die Minderheit der nordjemenitischen Zaiditen, Anhänger einer schiitischen Glaubensrichtung, mehr politische Partizipation und kulturell-religiöse Rechte. Ende der 1990er Jahre begannen die Huthi-Rebellen, die sich als Vertreter aller Zaiditen im Nordjemen verstehen, sich zu militarisieren und führten von 2004 bis 2010 einen Guerillakrieg gegen die Truppen der Regierung von Präsident Ali Abdallah Salih und mit ihm verbündete Stammesmilizen.

Der Krieg endete ohne Sieger, verwüstete aber den Norden des Jemen. In dieser Zeit setzte Präsident Salih die Behauptung in die Welt, die schiitischen Huthi-Rebellen würden von Iran gesteuert und unterstützt. Das war zwar nachweislich gelogen, dennoch gelang es Salih damit, das sunnitische Saudi-Arabien auf seine Seite zu ziehen. 2009 griff Riad in den Krieg ein, konnte jedoch keine größeren Erfolge vermelden. Im Zuge des "Arabischen Frühlings" musste Präsident Salih abtreten, wofür er fortan fehlende Unterstützung aus Riad verantwortlich machte.


Überdurchschnittlich viele zivile Opfer

Der Mann, der Saudi-Arabien mit einer Lüge in den Konflikt hineingezogen hatte, war nun fest entschlossen, seine Macht zurückzuerobern. Mitsamt einiger getreuer Sicherheitskräfte schloss er sich ausgerechnet den Huthi-Milizen an. Im Herbst des Jahres 2014 eroberte die Huthi-Salih-Allianz weite Teile des Landes. Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) eilten dem von ihnen installierten neuen jemenitischen Präsidenten Abd Rabbuh Mansur Hadi zur Hilfe. So begann der Jemen-Krieg, der bis heute andauert.

Nicht nur sind durch die Seeblockade mittlerweile mehr als 200.000 Menschen im Jemen von der Cholera befallen und mehr als 17 Millionen auf Nahrungsmittelhilfen angewiesen. Es sind auch überdurchschnittlich viele zivile Opfer durch Angriffe auf Krankenhäuser und andere Infrastruktur zu beklagen. Ein Grund dafür scheint zu sein, dass Saudi-Arabien und die VAE keine Bodentruppen entsenden wollen. So setzen sie auf die schlecht ausgebildete Luftwaffe und den Einsatz von Söldnern, etwa aus dem Sudan und Senegal.

Al-Quaida erobert ganze Provinzen

Drei Folgen dieser Entwicklung stellt Dr. Steinberg fest: In der Bevölkerung des Jemen wachsen die Ressentiments gegenüber Saudi-Arabien. Gleichzeitig ist die Huthi-Salih-Allianz mittlerweile bereit, jede Unterstützung anzunehmen. Unter diesen Umständen fällt der Iran in letzter Zeit vermehrt durch Waffenlieferungen und finanzielle Hilfen auf. Der Jemen sei für Teheran von geringer Bedeutung, so Steinberg, das könnte sich jedoch mit zunehmender Aggressivität des Rivalen Saudi-Arabien ändern. Riad hätte dann das Gegenteil seiner Zielsetzung bewirkt.

Ein weiterer Akteur im Jemen ist Al-Quaida: Die Terrororganisation konnte in den Wirren des Krieges ganze Provinzen erobern und Waffenarsenale und Geld erbeuten. Da die Terroristen als Feinde der Huthi-Rebellen gelten, lässt die Allianz um Saudi-Arabien sie weitestgehend gewähren. Hier greifen die USA in den Krieg ein und fliegen Angriffe mit Kampfdrohnen gegen Al-Quaida. Bislang änderte dies jedoch nichts an der neuen Stärke der Terroristen: Mehrere gescheiterte Anschlagsversuche sollen mittlerweile vom Jemen ausgegangen sein.


Kein Grund, Rüstungsexporte zu stoppen?

Dass US-Präsident Donald Trump sich nun im Kalten Krieg zwischen Saudi-Arabien und dem Iran klar auf die Seite von Riad gestellt hat, macht die Situation noch unberechenbarer und lässt eine Lösung in weite Ferne rücken. Dabei zeigt die Krise zwischen Saudi-Arabien und Katar - die gemeinsam in der Allianz im Jemen kämpften - wie fragil und verworren die politische Lage auf der arabischen Halbinsel ist und wie schnell sie eskalieren kann. Für die Bundesregierung scheint dies jedoch kein Grund zu sein, Rüstungsexporte in die Region zu stoppen.

Katar gehört seit Jahren zu den besten Kunden der deutschen Rüstungsindustrie. Nach Saudi-Arabien wurden in den ersten vier Monaten des Jahres 2017 deutsche Kriegswaffen im Wert von 36 Millionen Euro exportiert, doppelt so viel wie im gesamten Vorjahr! Vor zwei Wochen gab Berlin grünes Licht für weitere Rüstungsexporte an Saudi-Arabien und seinen Partner Ägypten, darunter Patrouillenboote und ein U-Boot. Sie werden an Länder geliefert, die die Menschen im Jemen mit einer Seeblockade aushungern!

 

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Das Königreich Saudi-Arabien verletzt die Menschenrechte im eigenen Land, unterdrückt Frauen und verhindert jede Form von Opposition. Gleichzeitig führt Riad einen brutalen, völkerrechtswidrigen Krieg im Jemen an. Dennoch genehmigt Deutschland weiter den Export von Rüstungsgütern nach Saudi-Arabien.

Auf unserer Themenseite finden Sie alle aktuellen Nachrichten zu Deutschen Rüstungsexporten nach Saudi-Arabien.

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