Nachrichten - 1. Februar 2019
USA setzen INF-Vertrag aus - Europa darf kein neues atomares Wettrüsten zulassen
Die USA haben offiziell verkündet, ihre Beteiligung am INF-Vertrag ab sofort auszusetzen - Russland reagierte postwendend und setzte seine Teilnahme ebenfalls aus. Die Kündigung der USA tritt in sechs Monaten in Kraft. Damit bleibt die Hoffnung auf eine späte Einigung. Doch Europa sollte sich auf eine Zukunft ohne den wichtigen Abrüstungsvertrag vorbereiten.
Europa hat am meisten zu verlieren
Der INF-Vertrag hat bislang sichergestellt, dass Russland und die USA keine atomaren Mittelstreckenraketen besitzen. Vorausgegangen war Ende der 1980er-Jahre der Abzug aller Raketen mit einer Reichweite von 500 bis 5.500 km aus Europa und ihre vertragsgemäße Vernichtung. Die Kündigung des Vertrages wäre daher besonders für unseren Kontinent ein Einschnitt - Europa, die "Pufferzone" zwischen den beiden großen Atommächten, hat am meisten zu verlieren.
In den vergangenen Wochen war es den USA gelungen, alle weiteren NATO-Staaten davon zu überzeugen, dass die Reichweite des russischen Marschflugkörpers 9M729 für das Iskander-System gegen den INF-Vertrag verstößt. Diese Staaten - auch die deutsche Bundesregierung - fordern nun in spürbar schärferem Ton Aufklärung von Russland. Die russische Entgegnung, das US-Raketenabwehrsystem in Rumänien verstoße gegen den Vertrag, wurde abgeblockt. Es ist jedoch anzunehmen, dass beide Seiten mit ihren Vorwürfen nicht ganz falsch liegen.
Antworten auf die wichtigsten Fragen zum INF-Vertrag finden Sie hier
Fehlende Bereitschaft zum Dialog
Ohne Rüstung Leben und seine Kooperationspartner haben seit Beginn des "Ultimatums" mit Aktionspostkarten, zahlreichen Briefen und Hintergrundgesprächen die Botschaften der USA und Russlands sowie das Auswärtige Amt zu weiteren Verhandlungen gedrängt. Ein ergebnisoffener, klärender Dialog der Vertragspartner scheiterte jedoch an der fehlenden Bereitschaft beider Seiten, selbst den ersten Schritt zu gehen und Zugeständnisse zu machen.
Sollte sich daran nichts ändern, wird mit dem INF-Vertrag ab dem 2. August 2019 ein wichtiger Bestandteil der nuklearen Rüstungskontrollarchitektur fehlen. Das alleine wäre kein unüberwindbares Problem. Zeitgemäße Nachfolgeabkommen, die veränderte geopolitische Voraussetzungen berücksichtigen und Atomwaffenstaaten wie China einbeziehen, wären durchaus denkbar. Beunruhigend ist der fehlende politische Wille hierzu.
Hier erfahren Sie, wie die US-Botschaft auf unsere Postkartenaktion reagiert hat
Wettrüsten wird keine Sicherheit bieten
Die Stationierung neu entwickelter US-Raketen in Europa ist daher nach einem Ende des INF-Vertrages nicht ausgeschlossen. Auch wenn daran derzeit noch niemand denken will: Die Bürgerinnen und Bürger aller europäischen Staaten und ihre Regierungen sollen schon jetzt klarstellen, dass sie ein neues nukleares Wettrüsten auf ihrem Kontinent nicht zulassen werden. Besonders wichtig ist, dass die Länder Europas dabei mit einer Stimme sprechen und keine Regierung "im Alleingang" die Stationierung von Atomwaffen gestattet.
Denn ein erneutes Wettrüsten kann keine Sicherheit bieten. Im Gegenteil, es würde Europa zum strategischen Ziel für moderne, präzise Atomraketen machen. Die Atommächte müssen daher zu ergebnisoffenen Gesprächen zurückkehren, die gegenseitigen Vorwürfe klären und mit dem Willen zu nuklearer Abrüstung neue Vereinbarungen auf den Weg bringen. Das wird ein langer und weiter Weg sein. Aber es ist der einzige Weg, der die Welt sicherer macht!
Mehr Informationen
Die Vereinten Nationen haben einen Atomwaffenverbotsvertrag ausgehandelt und durch die insgesamt 122 teilnehmenden Staaten verabschiedet. Im September 2017 wurde der Vertrag zur Ratifizierung freigegeben.
Auf unserer Themenseite finden Sie alle Nachrichten zum Atomwaffenverbotsvertrag.
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